Netzpolitik: ITU-Mitgliedsstaaten streiten über Geheimhaltung

Während westliche Regierung auf einem Treffen des ITU-Rates mehr Offenheit bei Diskussionen über Netzpolitik forderten, stellten sich arabische Staaten, Russland, China und einige afrikanische Staaten dagegen.

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Von
  • Monika Ermert

Die Internationale Fernmeldeunion (ITU) soll ihre Diskussionen über Internetpolitik öffentlich machen. Das forderten einige westliche Regierungen in einer ersten Aussprache auf dem Treffen des ITU-Rates diese Woche in Genf. Die arabischen Staaten, Russland, China und einige afrikanische Staaten wollen jedoch lediglich Online-Konsultationen zulassen. Wenn Wirtschaft und Zivilgesellschaft nicht nach dem in anderen netzpolitischen Foren bewährten "Multi-Stakeholder-Modell" einbezogen würden, bringe die Arbeit der ITU-Arbeitsgruppe Internet wenig, lautet die schwedische Position.

Offene Konsultationen, ein dauerhafter Beobachterstatus und unbeschränkter Zugang zu allen Dokumenten der Internetarbeitsgruppe der ITU – das sind die Hauptforderungen des schwedischen Vorschlags, der heise online vorliegt. Während die Kritiker warnen, die Öffnung im Bereich Internetpolitik könne zum Präzedenzfall für die Arbeit der ITU insgesamt werden, sagte der schwedische Delegierte, das Tagen hinter verschlossenen Türen trage nur dazu bei, dass die ITU als "veraltet und nicht mehr zeitgemäß" wahrgenommen werde.

Die Bälle aus Russland, Saudi Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten, jedes Land könne eigene Konsultationen abhalten und auch Zugang zu den ITU-Dokumenten gewähren, spielte Schweden zurück. Es sei wesentlich effektiver, wenn die ITU einfach auf ihre Dokumentensammlungen zugreifen lasse und die ohnehin stattfindenden Konsultationen öffne. Die angeblich fehlende Transparenz verschiedener ITU-Prozesse ist seit langem Gegenstand von Auseinandersetzungen.

Das Scheitern aufs Internet bezogener Gesetzes- und Vertragsinitiativen von SOPA in den USA bis ACTA im EU-Parlament hat dem Thema plötzlich eine neue Brisanz verliehen. ITU-Generalsekretär Hamadoun Touré appellierte an die Mitgliedsstaaten, die zunehmende Spaltung in Kernfragen zu vermeiden. Er wolle keinen "neuen kalten Krieg". Die ITU will Ende des Jahres die Reform der International Telecommunication Regulations (ITR) verabschieden und braucht dafür einen möglichst breiten Konsens. Der hängt aber gerade davon ab, ob und wie Fragen der Internetregulierung einbezogen werden.

Beim ITU-Ratstreffen in Genf, das bis zum 13. Juli dauert, steht ein weiteres heikles Thema auf der Agenda. Die indonesische Regierung hat den Vorschlag einer Cybersecurity Convention unter der Leitung der ITU erneut aufs Tapet gebracht. Auch hier verlaufen tiefe Gräben zwischen Befürwortern und Gegnern. (anw)