Neue EU-Ratspräsidentschaft: Überprüfung des TK-Rechtsrahmens und Spam

Der Kampf gegen Spam gehört zu den wichtigsten Schwerpunkten der frisch gebackenen österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. Das wichtigste gesetzgeberische Projekt ist die Überprüfung des Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation.

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Von
  • Monika Ermert

Der Kampf gegen Spam gehört zu den Schwerpunkten, den die frisch gebackene österreichische EU-Ratspräsidentschaft im Bereich Telekommunikation in den kommenden Monaten angehen will. 60 Prozent Spam-Anteil in der täglichen E-Mail belaste die Stabilität und Sicherheit der Netze, auch mit Blick auf die Verschmelzung von Spam und Computerviren, beeinträchtige das Nutzervertrauen und verursache Kosten bei Nutzern und Providern, schreiben die Österreicher in ihrer Beschreibung des Politikschwerpunkts Telekommunikation. Daher werde dem gemeinsamen Kampf gegen Spam eine hohe Priorität eingeräumt und internationale Aktivitäten, wie beispielsweise im Rahmen der OECD-Arbeitsgruppe Spam (Task Force on Spam) oder des EU-Kontaktnetzwerks der Anti-Spam-Organisationen (Contact Network of Anti Spam Authorities, CNSA) weiterverfolgt.

Als weitere Inhaltsschwerpunkte für den Bereich Telekommunikation listet die Website der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft die "Nachbereitung des Weltgipfels für Informationsgesellschaft zur Frage Internetverwaltung und Management (WSIS)" und verschiedene Projekte im Rahmen des EU-Strategie i2010. Dabei geht es vor allem um beträchtliche Erhöhungen der EU-Investitionen in die Forschung zu Informations- und Telekommunikationstechnik, da Europa hier mit 80 Euro pro Kopf weit hinter Japan (350 Euro) und den USA (400 Euro) zurückliege. Besonderes Augenmerk möchte die österreichische Präsidentschaft auf Maßnahmen für eine effiziente Frequenzverwaltung, die Modernisierung der Vorschriften für die audiovisuellen Mediendienste und Aktualisierung des Rechtsrahmens für elektronische Kommunikation legen. Dazu kommen die Ausarbeitung einer Strategie für eine sichere Informationsgesellschaft, die effektive und interoperable Verwaltung digitaler Rechte, ein Aktionsplan für elektronische, bürgernahe Behördendienste und die Digitalisierung der Bibliotheken.

Das wichtigste gesetzgeberische Projekt für die kommenden Monate ist allerdings die Überprüfung des Rechtsrahmens für elektronische Kommunikation. Dieser umfasst neben der Rahmenrichtlinie (2002/21/EC, PDF-Datei) die Genehmigungsrichtlinie für TK-Netze (PDF-Datei) , die Zugangsrichtlinie (2002/19/EC, PDF-Datei), die Universaldienstrichtlinie (2002/22/EC, PDF_Datei) und die Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (2002/58/EC, PDF-Datei). Gleich mit überprüft werden sollen dabei die Leitlinien der Kommission (PDF-Datei) zu Marktanalyse und Marktmacht und der auf Kabelnetze bezogene Artikel 8 der Richtlinie zum Wettbewerb auf den Kommunikationsmärkten (2002/77/EC, PDF-Datei). Mit Blick auf die Kabelnetze bittet die Kommission um Stellungnahmen zur Frage, ob der Betrieb von Kabelnetzen weiterhin von dem anderer öffentlicher Kommunikationsnetze zu trennen ist oder ob Wettbewerb und Konvergenz diese Auflagen als überholt erscheinen lassen.

Mögliche Anpassungen der Richtlinien als Folge der Konvergenz der Netze gehören auch zu den generellen Fragen der von der Kommission gestarteten Überprüfung. Daneben stellt sie auch Fragen nach möglichen weiter gehenden Harmonisierungen im Bereich Namens-, Nummern- und Adressvergabe. Von einem Modell dot.eu im Bereich der Namensvergabe kann man allerdings angesichts der langen Anlaufphase der Europa-Domain .eu wohl kaum sprechen.

Auch die Themen Verbraucherschutz, Sicherheit und Datenschutz für die Kunden sollen erneut zur Debatte gestellt werden. Etwas schizophren wirkt die Aufforderung zu Stellungnahmen, wie man den Datenschutz verbessern kann, da man sich gerade daran macht, verdachtsunabhängig die Telekommunikationsdaten jedes Bürgers auf Vorrat speichern zu lassen.

Andreas Neumann, Experte für Telekommunikation beim Bonner Zentrum für Europäische Integrationsforschung, meint, dass die verschiedenen Seiten massiv für ihre jeweiligen Positionen werben werden. Er erwartet auch ein Tauziehen zur Kompetenzverteilung zwischen der Kommission einerseits und den nationalen Regulierern beziehungsweise den Parlamenten andererseits: "Es ist gut möglich, dass die Kommission künftig Entscheidungen der nationalen Regulierer nicht mit einem einfachen 'so nicht' kommentiert, sondern gleich sagt 'so nicht, sondern ...'". Bis zum 31. Januar können Stellungnahmen zu künftigen TK-Regulierung in Europa an die Kommission gesandt werden, am 24. findet eine öffentliche Debatte dazu statt. Praktisch umgesetzt werden mögliche gesetzgeberische Änderungen erst nach dem Ende der österreichischen Präsidentschaft. (Monika Ermert) / (jk)