Warnungen vor Patentproblemen mit Microsofts OpenXML

Die Open Source Society will beim neuseeländischen ISO-Gremium Front gegen Microsofts Dokumentenformat machen: Die Spezifikation sei "gewürzt mit potenziellen patentrechtlichen Problemen". Auch in China bahnt sich Widerstand gegen OOXML an.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 426 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

"Falls OpenXML als ISO-Standard anerkannt wird, werden die IT-Industrie, Behörden und Unternehmen mit einer 6000 Seiten umfassenden Spezifikation konfrontiert, die gewürzt ist mit potenziellen patentrechtlichen Problemen", warnt Don Christie, Präsident der New Zealand Open Source Society (NZOSS). Auch Neuseeland befasst sich als Mitglied des Joint Technical Committee No 1 (JTC1) mit Microsofts Dokumentenformat, um zu einer Gesamtentscheidung der International Organization for Standardization (ISO) beizutragen. Kommende Woche trifft sich das Gremium Standards New Zealand für zwei Tage in Wellington. Dort wird auch die NZOSS ihre Bedenken vortragen.

Patente würden bereits als Waffe genutzt, um unter Institutionen Zweifel an den Vorteilen von Open Source zu streuen, erläutert Christie. Niemand könne einschätzen, ob derartige Ansprüche von Erfolg gekrönt sein werden, aber sie würden genutzt, um die Entwicklung und Verwendung von offenen, alternativen Anwendungen zu bremsen. Christie würde vor diesem Hintergrund nicht sein Vertrauen in OpenXML als Format für die Langzeitarchivierung setzen.

Weiter wundert sich der NZOSS-Chef über das Tempo, in der das Microsoft-Format als ISO-Standard durchgedrückt werden soll. Für gewöhnlich sei die Standardisierung ein langsamer Prozess der öffentlichen Konsensbildung und des Wissensaustauschs vor dem Einreichen bei der ISO – beim OpenDocument Format (ODF) habe dieser drei Jahre gedauert –, doch das sei bei dem teilweise proprietären OpenXML nicht möglich. Zudem hätten einige schon diverse technische Mängel in Microsofts Format festgestellt, die bei einer isoliert entwickelten Software unvermeidlich seien. Christie kritisiert, es fehle außerdem bei OpenXML eine Ebene der Interoperabilität.

Das Open-Source-Format ODF wurde im Dezember vergangenen Jahres als ISO-Standard veröffentlicht. Spätestens seitdem, vorher aber schon beispielsweise nach Verabschiedung von Behördenrichtlinien zur Verwendung von interoperablen und für die Langzeitarchivierung geeigneten Formaten wie im US-Bundesstaat Massachusetts, geriet Microsoft unter Druck, das eigene Format als Standard zu präsentieren und somit als für die öffentliche Hand geeignet zu positionieren. Als ECMA-Standard wurde Open XML ebenfalls im Dezember 2006 anerkannt, die Anerkennung als ISO-Standard würde Microsofts Format ODF endgültig ebenbürtig machen.

In Microsofts Heimat USA geht der ISO-Standardisierungsprozess holprig voran. Das dort zuständige Exekutivkomitee des International Committee for Information Technology Standards (INCITS) kam vor Kurzem nicht zu der für eine Empfehlung nötigen Mehrheit. Und auch in China deutet sich Widerstand an. Anfang voriger Woche berichtete China Daily, Ni Guangnan von der chinesischen Akademie der Ingenieurwissenschaften habe die Regierung aufgefordert, bei der ISO ein Veto gegen die Standardisierung von OpenXML einzulegen. Microsoft versuche, durch die Verbreitung seines Formats sein weltweites Monopol zu verteidigen. Kritisiert wird unter anderem, dass das zumindest teilweise proprietäre OpenXML nur für Windows geeignet sei und sein komplettes Potenzial nur mit Microsoft-Produkten ausgeschöpft werden könne. (anw)