Ungebetene Telefonwerbung ist trotz AGB-Zustimmung rechtswidrig

Ein Telekommunikationsanbieter hatte in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Passus untergebracht, in dem der Kunde Werbeanrufen zustimmt. Das Oberlandesgericht Hamm erklärte die versteckte Klausel für gegenstandslos.

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Von
  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Werbeanrufe bei Verbrauchern ohne deren vorherige Einwilligung sind laut Wettbewerbsrecht unzulässig. Das Verbot gilt nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm auch dann, wenn der Kunde durch Abnicken der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) solchen Anrufen zugestimmt hat (Az. 4 U 78/06). Auch eine AGB-Klausel, wonach Adressen und Telefonnummern an Drittanbieter weitergegeben werden dürfen, ist null und nichtig.

Mit der Reform des Wettbewerbsrechts hat der Gesetzgeber so genannte Kaltanrufe bei Verbrauchern ohne deren vorherige Zustimmung untersagt. Um das Verbot zu umgehen, integrieren Telekommunikationsanbieter in ihren AGB einen Passus, wonach sich der Kunde mit Werbeanrufen einverstanden erklärt. Soweit die Klausel "an versteckter Stelle mitten in einem vorformulierten Text untergebracht ist", sei sie gegenstandslos, entschied das OLG Hamm. Damit gab es einem klagenden Verbraucherschutzverein Recht.

Die westfälischen Richter sehen in solchen Klauseln einen Verstoß gegen das Transparenzgebot nach Paragraf 307 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Danach liegt eine unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern bei der Verwendung von AGB vor, wenn "die Bestimmung nicht klar und verständlich ist". Bei Kaltanrufen handelt es sich nach richterlicher Auffassung auch nicht um Bagatellfälle. Schließlich sei der mit einem Eingriff in die Privatsphäre des Anschlussinhabers verbundene Anruf geeignet, den Wettbewerb zu beeinträchtigen. Ließe man dennoch Kaltanrufe zu, würde ein Nachahmungseffekt bei jenen Mitbewerbern eintreten, die sich rechtens verhalten und keine Werbeanrufe ohne vorherige Einwilligung vornehmen.

Das beklagte Telekommunikationsunternehmen hat dem entgegengehalten, dass der Kunde via AGB nur darin einwilligte, Werbeanrufe für andere Vertragsschlüsse mit Drittanbietern zu erhalten. Dem folgte das Gericht nicht und schrieb dem Unternehmen ins Stammbuch, dass eine derartige Klausel "erst recht" unwirksam sei. Schließlich sei es für den Verbraucher "angesichts des bestehenden Adresshandels unüberschaubar, wer sich auf ein solches Einverständnis berufen könnte". Diesem Adresshandel im Bereich von Telefonwerbung müsse ein Riegel vorgeschoben werden. (Noogie C. Kaufmann) / (hob)