Hintergrund: Facebook: Mehr User, höhere Kosten, weniger Umsatz pro User

Das Social Network konnte zwar seine Basis an aktiven Usern weiter steigern. Dieses Wachstum aber macht auch Schwierigkeiten deutlich, vor denen Facebook für das künftige Geschäft steht. Da sind die aktuellen roten Zahlen fast das geringere Problem.

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Am Donnerstag hat Facebook seine ersten Quartalszahlen seit dem Börsengang veröffentlicht. Der übliche Gewinn hat sich in einen Betriebsverlust von rund einer Dreiviertelmilliarde Dollar und einen Nettoverlust von 157 Millionen Dollar gedreht. Dies liegt aber an Einmaleffekten, die Facebook durchaus verkraftet. Die Herausforderung liegt anderswo: Die neu hinzukommenden Facebook-User verursachen Kosten, bringen aber kaum Umsatz.

Die erwähnten Einmaleffekte sind in den vor 2011 geschlossenen Verträgen mit den eigenen Mitarbeitern begründet. Diesen wurden anstatt höherer Gehälter Aktienpakete für den Zeitpunkt des Börsengangs versprochen. Jenen Mitarbeitern, die später nicht zu einer Verträgsänderung gedrängt werden konnten, mussten die zugesagten Anteilsscheine übereignet werden. Außerdem hatte Facebook darauf Lohnsteuer zu entrichten.

Diese Kosten belasten das Ergebnis mit 1,26 Milliarden Dollar, ein Gutteil kommt durch geringere Steuerlast aufgrund geringeren Unternehmensgewinns wieder herein. Da das Unternehmen aus dem Börsengang gleichzeitig 6,8 Milliarden Dollar netto erzielt hat, sitzt es inzwischen auf einem Geldberg von mehr als zehn Milliarden Dollar.

Darauf dürfen sich die inzwischen rund 4.000 Mitarbeiter aber nicht ausruhen. Denn die Aktionäre lieben Wachstum, sowohl bei den Nutzerstatistiken als auch beim Gewinn. Ersteres ist kein Problem: Facebook nannte für den Juni 955 Millionen User, die sich mindestens einmal im Monat einloggen (Monthly Active Users, MAU), davon 552 Millionen, die sogar täglich vorbeischauen (DAU, Daily Active Users). Diese Kennziffern sind rund 30 Prozent höher als vor einem Jahr.

Die Herausforderung ist das erhoffte Gewinnwachstum, denn die zusätzlichen User gewinnt Facebook in den "falschen" Regionen. In den USA und Kanada sind relativ wenig zusätzliche Nutzer zu erwarten. Auch in Europa ist Facebook schon recht weit. Das Wachstum kommt vor allem aus Asien und dem Rest der Welt, Facebook selbst nennt Brasilien, Indien und Japan als wichtigste Wachstumsmärkte. Die neuen Teilnehmer erfordern natürlich Investitionen in Infrastruktur, was sich auch in den Finanzdaten widerspiegelt.

Aber in diesen Wachstumsregionen ist der Umsatz je Nutzer gering. Während ein durchschnittlicher Nutzer in den USA und Kanada im zweiten Quartal 3,20 Dollar Umsatz brachte und in Europa immerhin noch 1,43 Dollar erzielt wurden, waren es in Asien und dem "Rest der Welt" nur 55 respektive 44 Cent.

Hinzu kommt, dass die meisten User außerhalb Europas und Nordamerikas keinen Computer mit Internetzugang haben. Sie nutzen Facebook mit ihrem Handy, dessen Bildschirm aber wenig Platz für Reklame hat. Die zweite, wesentlich kleinere Umsatzquelle sind Spesen für die Abwicklung von Zahlungen vorrangig in Spielen. Dies ist auf Mobiltelefonen aber in der Hand der jeweiligen App-Store-Betreiber und bringt Facebook nichts ein. Der Idee, ein eigenes Facebook-Handy zu entwickeln, hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg allerdings am Donnerstag eine Absage erteilt.

Sein Unternehmen versucht, mit bezahlten Inhalten ("Sponsored Stories and Newsfeeds") Geld zu machen. Da dies die Zielgruppe aber verschrecken könnte, wird das bewusst nur langsam aufgebaut und ist auch noch nicht in allen Ländern verfügbar. Obendrein verfallen außerhalb Nordamerikas die Preise für Facebook-Werbung.

Beispiel Indien

Der Däne John Strand, gefragter Berater von Mobilfunkunternehmen in aller Welt, hat das Beispiel Indien beleuchtet. Die größte Demokratie der Welt weist eine wachsende Mittelschicht und eine explodierende Zahl an Handy-Inhabern auf. 51 Millionen oder vier Prozent der Inder sind auf Facebook und bilden damit bereits das drittgrößte Land auf der Plattform. Der Wachstumsphantasien sind viele.

Aber dafür müsse Facebook ein neues Geschäftsmodell entwickeln, meint Strand. Die indischen User nutzen Facebook fast ausschließlich am Handy. Auf diesem Weg Geld zu verdienen, ist, wie erwähnt, schwierig. Zudem sind die Werbekunden vorrangig westliche Marken mit westlichen Zielgruppen.

Die beliebteste indische Marke auf Facebook ist laut Strands Analyse der Mobilfunkanbieter Tata DoCoMo. Er zählt 8 Millionen Fans, täglich kommen etwa 16.000 hinzu. Werbung schaltet der Netzbetreiber auf Facebook aber nicht. Andere Mobilfunker haben es probiert, laut Strand aber wieder aufgegeben. Denn die Wirkung sei zu gering gewesen. Die User wollten auf Facebook weniger einkaufen, als sich vielmehr mit ihren Freunden unterhalten.

Aktienverfall macht Übernahmen teurer

Frische Ideen und neues Knowhow werden im Silicon Valley regelmäßig durch Übernahmen von Start-Ups ins Unternehmen geholt. Bezahlt wird das in der Regel mit eigenen Aktien. Der Verfall der Facebook-Aktie macht diesen Weg aber teurer: War die Aktie am Donnerstag im regulären Handel schon um 8,5 Prozent oder 2,50 Dollar auf 26,85 Dollar gefallen, stürzte sie nach Bekanntgabe der Quartalszahlen im nachbörslichen Handel weiter ab.

Die Facebook-Anteile erzielten teilweise nicht einmal mehr 24 Dollar; im nachbörslichen Handel verlor FB:der Kurs 10,71 Prozent auf 23,97 US-Dollar. Ein Finanzanalyst begründete dies unter anderem auch mit dem fehlenden Ausblick, den Facebook auf die zukünftige Entwicklung gewährt habe.

Zu den aktuellen Facebook-Geschäftszahlen des zweiten Quartals siehe:

(jk)