Microsoft reagiert auf Skype-Panne

Nach der Skype-Panne stellt ein Microsoft-Sicherheitsexperte klar, dass der Patchday normal verlaufen sei und nicht der Grund für die Skype-Probleme war. Unterdessen ringt der VoIP-Provider weiter um Erklärungen und die Beruhigung zahlender Nutzer.

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Bei Skype läuft der Betrieb wieder weitgehend normal, doch ist der VoIP-Provider noch mit den Nebenwirkungen des schweren Ausfalls der vergangenen Woche beschäftigt. Nachdem der Anbieter gestern das am vergangenen Dienstag erschienene reguläre Microsoft-Sicherheits-Update als Auslöser identifiziert hatte, weist Redmond leicht irritiert darauf hin, dass mit dem Windows-Update alles normal gelaufen sei. Woraufhin sich Skype heute beeilte, Microsoft mit einer Klarstellung wieder aus der Schusslinie zu nehmen und noch einmal deutlich zu machen, dass der Ausfall auf einen Softwarefehler in der Skype-Software zurückzuführen sei, der unter widrigen Umständen eine fatale Kettenreaktion ausgelöst habe.

Dabei hat Skype tatsächlich nie behauptet, Microsoft trage irgendeine Schuld an dem Desaster. Doch mit dem zögerlichen Kommunikationsverhalten gegenüber Nutzern und Medien hat sich das Unternehmen womöglich keinen großen Gefallen getan. Die dünnen Erklärungen lassen Spielraum für Spekulationen, die wiederum nach neuen Klarstellungen verlangen. Während sich das Unternehmen bemüht, den Schaden im Nachhinein zu begrenzen, springt die Konzernmutter dem VoIP-Provider bei und lobt Skype für die Bewältigung der Krise. "Das Unternehmen hat auf diese Herausforderung gut reagiert", sagte ein eBay-Sprecher dem San Francisco Chronicle. Wer eBay kennt, muss vermuten, dass dieses Lob auch der Kommunikation mit der Öffentlichkeit gilt.

In seinen ersten knappen Erklärungsversuchen hat Skypes Desaster-Blogger Villu Arak die Verbindung zu Microsoft noch verschwiegen, wohl auch um nicht mit dem Finger auf Redmond zu zeigen. Doch hatte der zunächst veröffentlichte Hinweis auf ein "reguläres Software-Update" Verwirrung ausgelöst – viele gingen von einem Skype-Update aus, das es nicht gegeben hatte; andere kombinierten richtig und zwangen Skype zur Präzisierung. Daraufhin hieß es dann: Skype gibt Microsoft die Schuld.

Auch wenn das jeder Grundlage entbehrte, in Redmond fand man diese Lesart immerhin so wenig zum Lachen, dass sich Christopher Budd vom Microsoft Security Response Center (MSRC) zu einer Stellungnahme im MSRC-Blog veranlasst sah. Microsoft sei während der Panne von Skype kontaktiert worden, ob es im Laufe des Security-Updates vom Dienstag zu irgendwelchen Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Microsofts Antwort: Keine besonderen Vorkommnisse. Weder habe es mit dem Update an sich Schwierigkeiten gegeben, noch sei es ungewöhnliche groß gewesen oder habe zu mehr Reboots als gewöhnlich geführt.

Bei Skype meldet sich Arak daraufhin mit der Klarstellung einiger "Missverständnisse" zu Wort. Auch wenn niemand wirklich behauptet hat, Skype habe Microsoft die Schuld geben wollen, dementiert Arak noch einmal ganz deutlich. Auch auf technische Fragen, die zuletzt noch im Raum standen, geht er ein. Zuvor habe es kein Problem bei Windows-Updates gegeben, weil der "Selbtsheilungsmechanismus" den Netzes den Wegfall der Ressourcen durch zahlreiche Reboots immer erfolgreich ausgeglichen habe.

Diesmal hätten aber die Selbstheilungskräfte des Systems versagt. Als Ursache führt das Unternehmen besondere Umstände unter anderem bei den "Traffic-Mustern" an. In Verbindung mit den zahlreichen Reboots sei dann der bisher unentdeckte Bug zum Tragen gekommen, Skypes P2P-Netz habe die Last nicht mehr bewältigen können. Mit den "Traffic-Mustern" meint das Unternehmen eine besonders hohe Auslastung des Netzes: Viele angemeldete Computer, über die auch fleißig telefoniert wurde. Das Unternehmen versichert, eine so hohe Last werde bei künftigen Patchdays keine Probleme mehr bereiten, weil der schuldige Softwarefehler inzwischen beseitigt sei.

Die damit aufgeworfenen Fragen sind unangenehm für den VoIP-Provider. Zweifler halten den Software-Bug für vorgeschoben, um grundsätzliche Kapazitätsprobleme des Systems zu kaschieren. Damit rückt auch die Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit des Skype-Netzes in den Mittelpunkt des Interesses. Skype baut das VoIP-Netz nach dem P2P-Prinzip mit den Ressourcen seiner Nutzer auf. Dabei wird jeder Rechner eines Anwenders zu einem Node im Netz. Diese verbinden sich mit sogenannten Supernodes, ebenfalls Nutzer-PCs, die untereinander vernetzt sind und den globalen Netzwerkverkehr managen.

Dieses P2P-Netz gilt als selbst-skalierend, weil das Netzwerk mit jedem neuen Nutzer wächst und Skype selbst keine Infrastruktur vorhalten muss – außer ein paar Login-Servern. Dabei setzt das System auch auf Clients, die dem Netz zwar Ressourcen zur Verfügung stellen, aber selbst keine beanspruchen. Die Aufgabe der Software, die Millionen Nodes zu verwalten, wird dabei immer komplexer. Noch 2004 soll Niklas Zennström, der Skype-Gründer und CEO, die kritische Masse auf 10 Millionen simultane Nutzer beziffert haben. So viele Nutzer gibt es inzwischen an guten Tagen. Ob Skype diesen Ansturm dauerhaft meistern kann, wird wohl auch der nächste Patchday zeigen.

Für Skype geht es um mehr als eine kleine Panne. Während private Anwender des kostenlosen Dienstes bei einem einzigen großen Ausfall in vier Jahren wohl ein Auge zudrücken, sind die Beschwichtigungen des Unternehmens vor allem für die zahlenden Kunden der verschiedenen kostenpflichtigen Angebote gedacht. Denn sie sollen in Skypes Geschäftsmodell für den Umsatz sorgen, während alle anderen die Kern-Infrastruktur stellen. eBay war diese Idee immerhin über 2 Milliarden US-Dollar wert. Der Auktionsriese wird dafür sicher irgendwann Rendite sehen wollen. Mit einem Telekommunikationsanbieter, dem zahlende Kunden nicht mehr vertrauen, wird das schwierig werden. (vbr)