Europaweite Proteste gegen das Überwachungsprojekt INDECT

Für Samstag sind in vielen deutschen Städten, in Österreich, Tschechien und Frankreich Kundgebungen gegen die EU-geförderte Sicherheitsforschung geplant. CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär unterstützt das Anliegen.

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Am Samstag sollen in vielen deutschen Städten sowie in Österreich, Tschechien und Frankreich Demonstrationen gegen das von der EU geförderte Sicherheitsforschungsproject INDECT stattfinden, das für "Intelligent Information System Supporting Observation, Searching and Detection for Security of Citizens in Urban Environment" steht. Zu dem "europaweiten Aktionstag" haben Bürgerrechtsorganisationen und das Netzwerk Anonymous aufgerufen. Übersichten der bereits angemeldeten Protestkundgebungen finden sich auf der Webseite"StoppIndect" und bei den anonymen Hackern.

Im Aufruf zur Demo in Berlin, die um 14 Uhr am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus starten und zur Reinhardtstraße unweit vom Bahnhof Friedrichstraße führen soll, wird INDECT als der "nächste Grundrechteeinschränkungskatalog" nach dem in Europa zunächst gescheiterten Anti-Piraterie-Abkommen ACTA dargestellt. Die Teilnehmer des Protestzugs "ohne Truther und Nazis" sollen gegen den Überwachungsstaat und gegen den gläsernen Bürger auf die Straße gehen. Wehren möchte man sich gegen "Scanner, die darüber entscheiden, ob du kriminelle Handlungen begehst, nur weil du dich ungewöhnlich verhältst". Die zunächst geplante längere Demonstrationsroute hat die Polizei den Veranstaltern zufolge nicht genehmigt.

Weitere Aktionen sollen etwa in Hamburg, Frankfurt, Bremen, Köln, Dortmund, Mannheim oder München stattfinden. In der bayerischen Hauptstadt äußerte eine antifaschistische Vereinigung aber Bedenken, dass die Veranstaltung auf dem Odeonsplatz von Rechtspopulisten unterwandert sei.

CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär erhofft sich von den Protesten insgesamt einen "ähnlichen Weckruf wie den, der letztendlich zum Ende von ACTA geführt hat". INDECT bedeute "Überwachung ohne Maß und Ziel" und sprenge alles, "was wir bisher an präventiven Sicherheitskonzepten diskutiert haben". Die Tatsache, dass Daten aus Überwachungskameras mit Informationen aus dem Internet wie etwa sozialen Netzwerken verglichen und "abnormales" Verhalten erkannt werden solle, sei regelrecht zum Schaudern, betonte die Vorsitzende Netzrates der Christsozialen. Es müsse verhindert werden, "dass das Volk auf Schritt und Tritt unter Generalverdacht gestellt wird".

Im Juni hatte zuvor bereits das EU-Parlament strenge Auflagen sowie eine Grundrechtsprüfung für INDECT gefordert. Parallel läuft eine Petition an die Bürgervertretung, die "Schluss" machen will "mit dem europäischen Überwachungswahn". Das Programm, das Telekommunikationsüberwachung, Vorratsdatenspeicherung und Handy-Ortung in sich vereine, darf laut dem Ersuchen nicht den freien Markt erreichen, nicht ausgeführt und vor allem nicht an autoritäre Staaten verkauft werden.

An dem Forschungsvorhaben arbeiten wissenschaftliche Einrichtungen, Konzerne und Polizeibehörden unter Führung der Krakauer Technischen Universität an einem umfassenden Observationssystem, das laut einem Präsentationsvideo "das Leben für unsere Bürger sicherer" machen soll. Neben der Videoüberwachung setzen die Partner unter anderem auf biometrische Verfahren zur Gesichtserkennung, massive Datenabgleiche und computergesteuerte Bedrohungseinschätzungen.

(pek)