Neuartige Datenverarbeitung mit dem Complex Network Computer

Der von Forschern des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation entwickelte Complex Network Computer verarbeitet Information nach einem völlig neuen Prinzip.

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Von
  • Harald M. Genauck

Ein neues Prinzip, Information zu verarbeiten, haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation (MPIDS) in Göttingen entwickelt. Der Complex Network Computer beruht auf einem System schwingender Elemente, die miteinander wechselwirken können und ein spezielles dynamisches Verhalten aufweisen, mit dem sich Daten verarbeiten lassen.

Schlüssel zu diesem Verhalten sind sogenannte Sattelpunkte, also Zustände des Gesamtsystems, die in mancher Hinsicht stabil, in anderer instabil sind. Lenkt man etwa eine Kugel, die in der Mulde eines tatsächlichen Sattels ruht, exakt parallel zum Pferderücken aus, rollt sie zuverlässig in die Mulde zurück. Der Ausgangszustand ist gegenüber dieser Art von Störung stabil. Wird die Kugel jedoch senkrecht zum Pferderücken angestoßen, fällt die Kugel herunter, und der Zustand ist instabil.

Allgemein bilden in Systemen gekoppelter schwingender Elemente solche Sattelpunkt-Zustände eine Art Netzwerk. Eine äußere Störung, die einen bestimmten Sattelpunkt-Zustand destabilisiert, überführt das Gesamtsystem in einen anderen Sattelpunkt-Zustand. Jede Störung lässt sich als Eingangssignal betrachten, das aus mehreren Teilsignalen zusammengesetzt sein kann. Jedes Teilsignal spricht eines der schwingenden Elemente des Gesamtsystems an. Das Verhältnis der Stärken dieser Teilsignale gibt dann den Ausschlag, welchem neuen Sattelpunkt-Zustand das System zustrebt. Der eingeschlagene Pfad entspricht dem Ergebnis der Rechnung. Auf dieser Fähigkeit lässt sich eine komplette Logik aufbauen, Operationen wie Addition, Multiplikation und Verneinung lassen sich darstellen.

Anders als beim klassischen Computer, wo ein Bauteil eine bestimmte logische Operation ausführt, findet in einem "Complex Network Computer" die Operation gleichzeitig im gesamten Netzwerk statt. Bereits relativ kleine Systeme können eine große Vielzahl möglicher Operationen ausführen. Daher kann ein solcher Rechner Aufgaben wie das grobe Sortieren von Zahlen deutlich schneller als sein konventionelles Gegenstück erledigen. Größere Hoffnungen setzen die Forscher in Systeme gekoppelter Laser. Diese weisen nicht nur genau abgestimmte Frequenzen auf, die eine weitere Voraussetzung für Complex Network Computer sind, sondern zeichnen sich auch durch besonders hohe Frequenzen von bis zu einigen Milliarden Schwingungen pro Sekunde aus, mit denen ein Computer besonders schnell rechnen könnte.

In Systemen gekoppelter schwingender Elemente bilden die Sattelpunkte eine Art Netzwerk. Eine Störung, die einen Sattelpunkt-Zustand destabilisiert, entspricht dem Eingangssignal der Rechenoperation. Das System sucht verschiedene Wege durch das Netz. Zwei der möglichen Wege, von denen jeder dem Ergebnis einer Rechnung entspricht, sind in dem Bild orange und blau dargestellt.

(Bild: MPIDS)

In einer ersten Anwendung hat sich das neue Rechenprinzip bereits bewährt. So konnten die Wissenschaftler einen einfachen Roboter konstruieren, der sich selbst den Weg durch einen Hindernisparcour sucht. Die Eingangssignale seiner Sensoren entsprechen dabei den Störungen des Systems. (ane)