Leistungsschutzrecht: Befürworter und Kritiker unversöhnlich

Der Regierungsentwurf spaltet erwartungsgemäß die Gemüter: Unionspolitiker und Verlegerverbände sehen im Leistungsschutzrecht einen wichtigen Beitrag zur Medienvielfalt. Kritik hagelt es von Google, der Opposition und auch vom Bitkom.

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Der am Mittwochvormittag verabschiedete Regierungsentwurf für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger konnte Befürworter und Gegner erwartungsgemäß nicht versöhnen. Vertreter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sehen in der Initiative einen wichtigen Beitrag zu einer vielfältigen Medienlandschaft. Gegner des Vorstoßes, allen voran Google, sprechen hingegen von einem "schwarzen Tag für das Internet in Deutschland" und befürchten Rechtsunsicherheiten.

Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bezeichnete den überarbeiteten Entwurf als bedeutsames "Signal für den Schutz des geistigen Eigentums auch im Internet". Die federführende Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verwies auf die entsprechende Vereinbarung im Koalitionsvertrag. Das Vorhaben ermöglicht der FDP-Politikerin zufolge Presseverlegern eine angemessene Teilhabe an den Gewinnen, die Suchmaschinenbetreiber und Anbieter vergleichbarer Dienste durch die Nutzung von Medieninhalten erzielten.

Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßten den Regierungsbeschluss, nachdem ihnen der vorige Anlauf des Justizressorts nicht weit genug gegangen war. Sie unterstützen den Ansatz, gewerbliche Suchmaschinen und Aggregatoren von Presseerzeugnissen in den Mittelpunkt der Regelung zu stellen. "Keine Angst vorm Leistungsschutzrecht", twitterte Christoph Keese, Public-Affairs-Chef des Axel-Springer-Konzerns. Ein Google-Sprecher betonte dagegen, dass das geplante Gesetz "jeden Internetnutzer trifft". Das Suchen und Finden im deutschen Netz werde massiv gestört. Dieser Eingriff ins Netz sei weltweit ohne Beispiel. Es sei zu hoffen, dass der Bundestag die Initiative stoppe.

Der Hightech-Verband Bitkom kritisierte den Beschluss ebenfalls scharf. Der Entwurf lasse offen, welche anderen, ähnlich wie Suchanbieter arbeitende Dienste gemeint seien. Dadurch würden "innovative Online-Angebote im Bereich der Medienbeobachtung oder der Aggregation von Inhalten vom deutschen Markt vertrieben". Es gebe weder einen gesellschaftlichen noch einen politischen Konsens über die Notwendigkeit des neuen Schutzrechtes und der sich daraus ableitenden Abgaben. Die Diskussion darüber müsse daher "in der notwendigen Breite geführt werden". Der Verein Digitale Gesellschaft meinte, dass das Vorhaben keinen Sinn ergebe sowie unnötig und strukturell falsch sei. Wenn das Geschäftsmodell der Verlage im Netz nicht mehr funktioniere, könne man nicht einfach eine Subvention von Privaten an Private anordnen.

Auch im Bundestag stieß das Ansinnen auf ein geteiltes Echo. Die CDU-Rechtspolitiker Günter Krings und Andrea Voßhoff unterstrichen, dass es seit langem Ziel der Union gewesen sei, Presseverleger im Online-Bereich mit anderen Werkvermittlern wie TV-Produzenten oder Tonträgerherstellern gleichzustellen, die bereits entsprechende Rechte hätten. Der CDU-Netzpolitiker Peter Tauber zeigte sich erleichtert, "dass wir Blogger raus haben aus dem Entwurf". Die FDP-Fraktion äußerte sich bislang nicht. Liberale Netzpolitiker sahen die Initiative bis vor Kurzem kritisch. Auch in den Reihen der Union gibt es Widerstand. Das geplante Gesetz sei "ein Angriff auf die freiheitliche und marktwirtschaftliche Architektur des Internets und somit nicht im Sinne der Nutzer", erklärte der netzpolitische Sprecher der Jungen Union, Henrik Bröckelmann, am Mittwoch abend laut dpa. Er forderte, den Gesetzesentwurf zu stoppen.

Die Opposition ist geschlossen gegen das neue Schutzrecht. Eine Stärkung der bestehenden Verfahrensrechte reiche aus, um den Wünschen der Verleger Rechnung zu tragen, hieß es bei der SPD-Fraktion. Für die Linken bleibt der Vorstoß "unnötig wie eine Ampel auf der Autobahn". Die Grünen rügten, dass der Entwurf klamme Presseverlage nicht retten und Journalisten kaum Einnahmen bescheren werde. Stattdessen schränke er die Vielfalt im Netz ein, der genaue Schutzgegenstand bleibe im Nebel. Die Piratenpartei forderte, dass sich der Gesetzgeber besser "mit voller Kraft der dringend nötigen Reform des Urheberrechts widmen" sollte. (ssu)