Amazon.com ist "Geschenk-Patent" los

Das Europäische Patentamt hat die umstrittenen Ansprüche des Online-Händlers auf das Einlösen von Geschenkgutscheinen für nichtig erklärt, da es an Erfindungshöhe fehle. Eine Entscheidung gegen Softwarepatente ist damit nicht gefallen.

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Das Europäische Patentamt (EPA) hat am heutigen Freitag nach einer mehrjährigen erneuten Überprüfung das umstrittene "Geschenk-Patent" von Amazon.com erwartungsgemäß widerrufen. Die Münchner Behörde hat damit die im Jahr 2003 zunächst erteilten Ansprüche des Online-Händlers auf das Einlösen von Geschenkgutscheinen unter der Patentnummer EP 0 927 945 für nichtig erklärt. Gegen das gewerbliche Schutzrecht, das als Softwarepatent par excellence gilt, hatten Fleurop, die Gesellschaft für Informatik (GI) sowie der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) aus unterschiedlichen Beweggründen Einspruch erhoben.

Das EPA begründet die Ungültigkeitserklärung in einer Mitteilung hauptsächlich mit dem Argument, dass die beanspruchte "computerimplementierte Erfindung" den Kriterien für die Erreichung des für einen Patentschutz erforderlichen "innovativen Schrittes" nicht entsprach. Schon in ihrer vorläufigen Entscheidung hatte die Beschwerdekammer aber deutlich gemacht, dass Softwarepatente an sich von dem Fall nicht betroffen seien. Die aktuelle Vergabepraxis der Behörde schließt materielle Bereiche nur dann von einem möglichen gewerblichen Rechtsschutz aus, wenn diese "keine technische Funktion einschließen". Im behandelten Fall sei aber "zumindest ein Computersystem" involviert gewesen. Damit seien die Anforderungen des Europäischen Patentübereinkommen, wonach Computerprogramme "als solche" keinen gewerblichen Rechtsschutz erhalten dürfen, prinzipiell in diesem Bereich erfüllt gewesen.

Der FFII protestierte gegen die Auffassung im Vorfeld der mündlichen Verhandlung über die Einsprüche heute Morgen vor der entsprechenden EPA-Zweigstelle in München im Rahmen einer Demo. Nach Ansicht der Mittelstandsvereinigung erteilt das Patentamt staatliche Monopolansprüche auf Software wider geltendes Recht. Diese Praxis werde nun durch die aktuelle Entscheidung aber noch bekräftigt. Bei dem einkassierten Amazon-Patent handelt es sich um einen Ableger des berüchtigten 1-Click-Patents, welches das US-Patentamt vor kurzem seinerseits zu großen Teilen zurückgewiesen hatte. (Stefan Krempl) / (pmz)