Urheber im Dialog: "Das unzulängliche Recht nervt"

Die "Zwangs-GEMA", "bestehende Vollidiotien", "fingierte Debatten" und die "Kriminalisierung von Nutzern" - Musikern und Autoren wie Luci van Org oder Sascha Lobo missfällt so manches im Umgang mit dem Urheberrecht.

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Die "Zwangs-GEMA", "bestehende Vollidiotien", "fingierte Debatten" und die "Kriminalisierung von Nutzern" - Musikern und Autoren wie Luci van Org oder Sascha Lobo missfällt so manches im Umgang mit dem gegenwärtigen Urheberrecht. Dies machten die beiden Kreativen am Wochenende auf einer Fachtagung der Grünen in Berlin bei einem Dialog zur Copyright-Zukunft deutlich. "Wenn ich meine Songs verschenken möchte, will die GEMA dafür Geld haben. Das behindert mich an allen Ecken und Enden", schimpfte van Org. Vor allem das Urheberwahrnehmungsgesetz sei vermurkst: "Ich sollte mir aussuchen können, wer meine Rechte wahrnimmt."

Einigkeit der Rotschöpfe: Luci van Org und Sascha Lobo halten das Urheberwahrnehmungsgesetz für vermurkst.

(Bild: Stefan Krempl)

Das nicht von allen Künstlern geschätzte Internet ist für die Sängerin zunächst eine "Riesenchance zur Selbstvermarktung". Die großen Labels und die Produzenten hätten ihre Klientel "schon in den 90ern abgezockt". Auch damals hätten nur wenige Musikschaffende von ihrer Arbeit leben können. Es sei daher wichtig, "sein eigenes Geschäftsmodell zu finden". Andererseits riet van Org dazu, genau hinzuschauen, wer mit welchen Plattformen im Netz Geld verdiene und Ansätze zum Anzapfen dieser Quellen zu finden. Eins der in Frage kommende Portale, das zu Google gehörende YouTube, bezeichnete die Berlinerin gleichzeitig als "für mich überlebenswichtiges Medium". Sie stelle ihre Songs zur Eigenwerbung dort "ständig quasi illegal" ins Netz, bis sie auf Betreiben der Musikverwertungsgesellschaft GEMA wieder für deutsche Nutzer aufgrund des laufenden Vergütungsstreits blockiert würden.

Generell ist van Org der Ansicht, dass ein Großteil der Nutzer zum Bezahlen kreativer Leistungen bereit ist, sobald ihnen ein entsprechendes Angebot gemacht wird. "Crowdfunding funktioniert", weiß das Band-Mitglied. "Wir haben um Tour-Support gebeten und einfach so 2500 Euro bekommen." Freiwilligkeit sei ein Prinzip, das ziehe. Die Konsumenten dürfe man auf jeden Fall "nicht ständig für Voll-Arschlöscher halten".

"Wir müssen uns eingestehen: Wir haben ein Problem", mahnte auch Lobo eine Reform des Urheberrechts an. Die Frage sei, wie dieses so zu verändern sei, dass auch weiterhin digitale Produkte verkauft werden könnten und parallel die technologische Entwicklung mit Kopiermöglichkeiten auf einen Klick berücksichtigt werde. Eine Antwort auf diese Frage hatte der Blogger nicht parat. "Die Inhalteindustrie hat sich eine Generation herangezogen von Leuten, die sie verachtet", beklagte er. Zumindest im Musikbereich sei das Kind "schon ertrunken". Man könne sich daher nur noch auf andere Kulturbereich konzentrieren. Es seien aber nicht alle Urheber "Teil der Content-Mafia".

Den Protest von Tatort-Autoren, wonach die Netzgemeinde Urheberrechtsverstöße zu Freiheitsakten umstilisiere, bezeichnete Lobo als "empörtes Aufstampfen". Beide Seiten hätten derzeit noch wenig Interesse an einer Lösung. Jedes Jahr würden aber mehr Inhalte legal erworben "trotz grauenhafter Zumutungen" wie den Einsatz technischer Kopierblockaden. Auf Streaming konzentrierte Geschäftsmodelle, wie sie vor allem der Musikdienst Spotify bekannt gemacht hat, hält der studierte Werber noch nicht für das Gelbe vom Ei. Diese seien zwar für den Nutzer interessant, "aber für den Künstler ist Null drin". Zwei Millionen User müssten einen Song hören, damit der Schöpfer ein Grundeinkommen erhalte. (vza)