Studie für den US-Kongress skizziert Optionen gegen Patent-Trolle

Der Wissenschaftliche Dienst des Parlaments in Washington hat eine Reihe von Vorschlägen gemacht, um die "schwammigen Grenzen" von Softwarepatenten zu schärfen und Systemmissbräuche zu erschweren.

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Der Wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses hat eine Reihe von Vorschlägen gemacht, um die "schwammigen Grenzen" von Softwarepatenten zu schärfen und einen Missbrauch des Patentsystems zu erschweren. Die "Hinweisfunktion" gewerblicher Schutzrechte, die normalerweise ein klar abgestecktes Feld an immateriellen Eigentumsansprüchen umreiße und Wettbewerber darüber klar in Kenntnis setze, "ist im IT-Sektor in sich zusammengestürzt", heißt es in einem jetzt veröffentlichten Überblick (PDF-Datei) zur gegenwärtigen Debatte über "Patent-Trolle". Es sei "ökonomisch untragbar oder irrational", das gesamte Feld bestehender Schutzrechte in diesem Gebiet auf bereits eingetragene Erfindungen zu durchsuchen. Dies verschaffe Trollen eine überaus günstige Verhandlungsposition zum Eintreiben von Lizenzkosten.

Die Autoren der Studie beziehen sich auf Erkenntnisse, wonach die Sektoren Hard- und Software von "Patent-Dickichten" überzogen seien. Eine Firma, die eine neue Technik auf den Markt bringen wolle, müsse erst versuchen, dieses enge Netz überlappender Schutzansprüche zu durchdringen. Selbst die gewissenhafteste Patentsuche könne die Materie aber nicht insgesamt beleuchten, da etwa beim Patentamt noch laufende Anmeldungen zwangsweise außen vor blieben. Dazu komme, dass Antragsteller bewusst ihre Einreichungsfristen mehrfach verlängerten, um ihre Ansprüche möglichst lange geheim zu halten und andere Entwickler ins offene Messer laufen zu lassen.

Aber auch das Lichten von Patent-Wäldern bringt der Analyse nach wenig, da reine Lizenzierungsfirmen es häufig auf schwache oder gar gänzlich unbegründete Gerichtsverfahren ankommen ließen. 92 Prozent tatsächlich ergangener Urteile in Fällen, die Patent-Trolle angezettelt haben, gingen zwar zu deren Ungunsten aus, da Verletzungen nicht ausreichend nachgewiesen würden. "Die große Mehrheit" der Beklagten lasse es aber gar nicht so weit kommen. Um Gerichtskosten zu sparen, ließen sie sich vorab auf einen Vergleich ein und zahlten die bestimmte Schwellenwerte nicht übersteigenden geforderten Lizenzierungsgebühren. Die Trolle hätten dagegen wenig zu verlieren, ihre Risiken blieben überschaubar.

29 Milliarden US-Dollar hätten die Erfindungen nicht selbst in Produkte umsetzenden Lizenzexperten so im vergangenen Jahr eingefahren, verweisen die Verfasser des Berichts auf eine andere einschlägige Untersuchung. Dies sei ein 400-prozentiger Anstieg gegenüber 2005, wobei nur 25 Prozent der Einnahmen in Innovationskreisläufe zurückgeführt würden.

Kritiker seien daher der Ansicht, dass die Trolle das eigentliche Ziel des Patentrechts – die Förderung von Anreizen in die Investition von Erfindungen – unterliefen, wägt die Kongressstudie ab. Es gebe aber auch Stimmen, denen zufolge über derlei Verfahren wirtschaftliche Liquidität erzielt werde und kleine Erfinder zu den größten Nutznießern gehörten. Die US-Handelsaufsicht, die Federal Trade Commission (FTC), und "mehrere führende Forscher" legten aber nahe, dass solche Vorteile deutlich geringer seien als die der Wirtschaft aufgebürdeten Kosten.

Als Gegenmittel führt das 20-seitige Papier mehr oder weniger radikale Initiativen ins Feld. So seien etwa Forderungen zu hören, Software und andere computergestützte Entwicklungen ganz aus dem Bereich zu schützender Erfindungen herauszunehmen. Vor derartigen Änderungen am Patentwesen müsse das Parlament aber sorgfältig untersuchen, ob diese mit internationalen Verpflichtungen wie dem TRIPS-Abkommen zu vereinbaren seien. Um die Patentansprüche im Hightech-Bereich einzugrenzen, könne der Kongress zudem den Gerichten einen Test vorschreiben. Die Richter müssten dann prüfen, ob Ansprüche "verdächtig sind, mehrere Interpretationen zu erlauben".

Ferner spricht der Report Vorstöße an, die Möglichkeiten zur Verlängerung von Patentanträgen zusammenzustreichen oder die Gebühren für das Aufrechterhalten der Schutzrechte mit der Zeit zu erhöhen. Überlegenswert sei es auch, die Schutzfristen für Software generell zu verkürzen, da Trolle in den letzten drei Jahren der 20-jährigen Laufzeit die meisten Klagen erhöben. Ein Patent könne auch aberkannt werden, wenn es über Jahre hinweg nicht ausgeübt worden sei. Andere sähen es als ausreichend an, wenn Patentinhaber ihre Lizenzbedingungen von Anfang an veröffentlichen müssten.

Der Bericht bringt auch den Vorstoß wieder auf den Tisch, den Spielraum für Schadensersatz- und Lizenzforderungen in Patentstreitigkeiten zu verringern, der während der Debatten um die 2011 beschlossene US-Patentreform im Rahmen des "America Invent Act" keine Mehrheit fand. Er begrüßt zudem, dass es mit den verbliebenen Einschränkungen nicht mehr möglich sei, mehrere nicht aufeinander bezogene mögliche Rechteverletzer in einem Verfahren zu verklagen. Angeführt wird auch das jüngste einschlägige Vorhaben im Kongress mit dem Entwurf für einen "SHIELD Act", wonach in einem Gerichtsstreit um IT-relevante Patente ein unterlegener Kläger sämtliche Prozesskosten tragen müsste. (jk)