Ein Roboter für die Entspannung

Ein Selbsttest zeigt: Die ersten Service-Roboter sind reif für den Einzug in unseren Alltag.

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Von
  • Martin Kölling

Ein Selbsttest zeigt: Die ersten Service-Roboter sind reif für den Einzug in unseren Alltag.

Ich bin ein großer Fan japanischer Coiffeure. Sie schneiden nicht nur die Haare, sondern bieten – zum Normalkurs – ein einstündiges Entspannungsprogramm, Kopfmassage inklusive. Letztere ist zwar vergleichsweise kurz, aber ich frage mich immer wieder, was das Dutzend Massagen, die so ein Haareschneider pro Tag vielleicht gibt, wohl für die Hände bedeutet. Aber nun kann den Frisören geholfen werden – und den Kunden auch gleich mit: Es gibt in Japan nun einen einsatzreifen Haarwaschroboter des Hersteller Panasonic.

Ich habe das Gerät und sein 15-minütiges Haarwaschprogramm diese Woche ausprobieren können. Mein Fazit vorweg: Ich bin begeistert. Die Haarwäsche glich einer sehr netten Kopfmassage. Sie war vielleicht nicht so gut wie die eines begeisterten Kopfmasseurs, aber doch um einiges besser als die eines japanisches Frisörs. Und das liegt nicht nur an der Technik, sondern auch mit daran, dass ein menschlicher Fachmann selbst bei voller Mobilisierung seiner Fingerfertigkeit nicht einmal halb so viele Fingerspitzen auf die Kopfhaut bringen kann wie der Roboter. An insgesamt zwei Dutzend Punkten umfassen die Greifer den oberen Nacken, Hinterkopf und den Kopf selbst fest und doch zart. Und dann legt das Programm los.

Erst werden die Haare aus kleinen Düsen benetzt, während die 24 Knubbel die Kopfhaut zu massieren beginnen. Vor und zurück, seitwärts, leicht kreisend. Fast scheint es so, als ob der Greifer sogar nach Akkupressur-Punkten sucht. Dann sprühen Düsen das Shampoo auf und wieder wird ausgiebig massiert. Selbst bei der Nachspülung, der zweiten Waschrunde und dem zweiten Nachspülen massiert der Roboter unaufhörlich weiter. Nur zärtliches Kratzen habe ich vermisst. Aber davor schrecken die Entwickler noch zurück: Der Grat zwischen Genuss und Verletzung ist noch zu schmal, um diese Methode einem empfindungsarmen Roboter anzuvertrauen, erklärte mir der Entwickler, Herr Mizuno.

Ich stehe offenbar mit meiner positiven Empfindung nicht allein. Ein Großteil der 250 Personen, die im Juli und August das Gerät bei einem Frisör in Osaka testen konnten, erklärten, dass der Roboter dem Menschen zumindest ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen sei. Sie beschwerten sich nur über das Visier, das das Gesicht und die Ohren vor Spritzwasser schützt, und der Frisörumhang, der sich wie billig gummiertes Plastik anfühlt.

Und das Gerät soll noch besser werden, wurde mir versichert. Theoretisch kann es jetzt schon auf Sprachkommandos hören. Der Nutzer kann dem Gerät daher sagen: "Ahhh, da ein bisschen mehr!" Oder: "Ahhh, mehr links, mehr links!" Nur glauben die Ingenieure derzeit, dass ein Touchscreen-Interface, auf das der Nutzer schnell mit dem Finger tippen kann, derzeit noch höhere Genauigkeit verspricht als Sprachsteuerung. Übrigens: Auch bei den Frisören kommt das Gerät an. Sie sollen angegeben haben, dass sie so ihre Hände und auch ihren Rücken schonen können. Allerdings müssen sie wohl noch mindestens bis Ende 2013 warten, bis das System zu haben ist.

Sollte es auf den Markt kommen, wäre der praktische Automat ein doppelter Trendsetter. Erstens wäre es einer der ersten Roboter, der im Dienstleistungssektor "arbeiten" könnte. Zweitens würde er zeigen, wie die Entwicklung für eine Nische in einen breiteren Markt überschwappen kann. Entwickelt hat Panasonic den Haarwaschroboter anfänglich für Krankenhäuser, um dem Pflegepersonal die Arbeit zu erleichtern, doch dann kamen die Entwickler auf die Idee, dass auch die Frisöre einen Markt darstellen könnten.

Dennoch werden Roboter zuerst vor allem das Gesundheitswesen bevölkern. Panasonics Entwicklungsabteilung transferiert gerade mehrere Konzepte in die Gesundheitssparte, die die neuen Geräte für die Massenfertigung ausentwickeln soll. Darunter befindet sich auch Panasonics Roboterbett, das sich allein von einem Bett in einen Rollstuhl transformieren kann. Die Dienstleistungsroboter kommen langsam, aber stetig. (bsc)