ILA 2012: Militärs hoffen auf IT-Hilfe für Drohnen-Einsätze

Auf der ILA 2012 in Berlin wurde über die militärischen und technischen Aspekte von Drohnen-Einsätzen diskutiert. Vor allem von der IT erhoffen sich die Militärs dabei spürbare Hilfestellungen.

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Von
  • Detlef Borchers

Der Euro Hawk

(Bild: Detlef Borchers)

Die Zukunft könnte schön aussehen, jedenfalls aus der Sicht der Bundeswehr: Mindestens ein Euro Hawk patrouilliert ständig über Deutschland und schickt seine Daten zur Bodenstation. Wo Heron-Drohnen oder entsprechend eingekaufte Nachfolgesysteme in der ganzen Welt über kontrolliertem Luftgebiet im Einsatz sind, schicken sie via SatcomBW Videos nach Deutschland, die über Intelsat zurück zu den Auslandsposten gestreamt werden. Und in Kampfgebieten greifen Barracuda-Drohnen gemeinsam mit pilotierten Maschinen gegnerische Ziele an.

Einen ganzen Messetag standen im Konferenzteil der ILA 2012 die militärischen Aspekte des Drohnen-Einsatzes (UAV) im Vordergrund. Man wollte technisch argumentieren und diesmal die ethischen Perspektiven außen vor lassen, hieß es. Schließlich sei es Aufgabe der modernen IT, mit superschnellen Computern und besten Datenverbindungen die Lösungen zu entwickeln, die in kommenden Auseinandersetzungen benötigt werden. Der IT-Berichterstatter musste zur Kenntnis nehmen, welch große Hoffnungen in die funktionierende IT gesetzt werden.

Die als Flieger getarnte Drohne Opale42 und daneben die israelische Heron

(Bild: Detlef Borchers)

So erklärte Generalmajor Patrick Pacorel, stellvertretender Befehlshaber der französischen Luftwaffe, dass der verstärkte Einsatz von künstlicher Intelligenz das Problem des Information Overload bei ISTAR-Einsätzen beseitigen werde. Vor ihm räumte Generalleutnant Peter Schelzig vom deutschen Luftwaffenkommando mit ein paar Vorurteilen anhand von Beispielen der US Air Force auf: "Der Einsatz von UAV ist alles andere als billig und kaum personalsparend. " Das Senden von Videostreams bis hinunter auf die Truppenebene durch die in Afghanistan operierenden Heron-Drohnen sei aber eine unverzichtbare Unterstützung der deutschen Bodenkräfte. Den Mehrwert sah Schelzig in der "Permanenz": der Anteil der Drohnen am Luftverkehr in Afghanistan betrage 6 Prozent, doch absolvierten sie 54 Prozent der gesamten Luftstunden.

Wenig später ging es bei der AFCEA-Konferenz über den Einfluss moderner IT um die Details. Martin Robrecht vom Kommando strategische Aufklärung freute sich über den anstehenden Einsatz des Euro Hawk, der eine Fähigkeitslücke schließe. Er machte jedoch auf das enorm hohe Datenaufkommen "im Terabyte-Bereich" aufmerksam, das angesichts der angemieteten kommerziellen Satellitenanbindung des Systems bereits "onboard" im Aufklärer durch programmierte Filter oder durch Muster- und Spracherkennung reduziert werden müsse, ehe es zur Bodenstation gesendet wird.

Die Talarion der EADS

(Bild: Detlef Borchers)

Marc Alt, Projektleiter Heron 1 beim Satellitenverbund der Bundeswehr (SatcomBW) erläuterte die hohe Systembelastung von 50 Mbit/sek, die beim Full Motion View (FMW) der in Afghanistan eingesetzten angemieteten Drohnen anfällt. Praktisch dürfe keine andere Anwendung laufen, wenn Videos zur Bodenstation geschickt, ausgewertet und vom deutschen Weilheim aus via Intelsat zu den Empfangsstationen in Afghanistan gelangen. Wolfgang Dürr vom Satellitenbetreiber Astrium wies auf das amerikanische Beispiel hin, "hosted Payload" bei kommerziellen Satelliten anzumieten und "mitfliegen" zu lassen. Eine weitere Entlastung versprach er sich von einer besseren Komprimierung und Datenoptimierung vor dem Versand. Schließlich sei die Möglichkeit einer optischen Übertragung per Laser zu einem Relay-Satelliten zu prüfen.

In der anschließenden Diskussion zum Thema wurden Fragen zu Einsätzen aufgeworfen, in denen man nicht (wie in Afghanistan) von einer absoluten Luftraumüberlegenheit ausgehen kann. Etwas besser ausgerüstete Länder könnten mit dem Jamming der Satelliten den Kommunikationskanal unbrauchbar machen. Solche Jammer müssten lokalisiert und (mit militärischen Mitteln) ausgeschaltet werden, war eine Antwort. Die andere: Sollte Payload auf zivilen Satelliten betroffen sein, so würde das Ausmaß der Störung internationale Proteste nach sich ziehen und Druck auf den betreffenden Staat aufbauen, das Jamming einzustellen. Auch das Problem, durch GPS-Spoofing eine Drohne unter Kontrolle zu bringen, kam zur Sprache. Hier setzt man auf Frequenz-Hopping und das schnelle Switching zwischen den Antennen-Arrays.

Die neue TU-150 von Rheinmetall

(Bild: Detlef Borchers)

Einen etwas anderen Akzent setzte Thomas Gottmann von Cassidian, der neues Videomaterial von Einsatzflügen der Barracuda-Drohne im kanadischen Goose Bay zeigte. Barracuda ist eine agile 3 Tonnen schwere Drohne für den Kampfeinsatz in Network Centric Environments (NCE). Sie kann mit einem pilotierten System im Verbund fliegen und damit Einsätze ermöglichen, bei denen ein Pilot ein Ziel aus zwei verschiedenen Richtungen ansteuern kann. Im Video wurde die erfolgreiche Verfolgung eines Lastwagens gezeigt. Drei redundante netzwerkfähige Datenlinks zwischen Flugzeug, Drohne und Bodenstation sicherten dabei die Kommunikation ab. Geht es nach den Vorstellungen von Cassidian, so wird der gemischte Einsatz von Flugzeugen und Drohnen in künftigen Luftkämpfen ab 2025/30 zum Alltag der Luftwaffen gehören. (mho)