SPD-Innenpolitiker kündigt Zustimmung zu Online-Durchsuchungen an

Die SPD sei nie prinzipiell gegen eine Regelung zur Ausforschung "informationstechnischer Systeme" gewesen, sagte der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy.

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Der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy, hat eine rasche Zustimmung der Sozialdemokraten zu heimlichen Online-Durchsuchungen nach dem Urteil aus Karlsruhe angekündigt. Die SPD sei nie prinzipiell gegen eine Regelung zur Ausforschung "informationstechnischer Systeme" gewesen, sagte der Sozialdemokrat der B.Z. am Sonntag. Sobald voraussichtlich im Frühjahr die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Befugnis für Netzbespitzelungen im nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz vorliege, könne ein entsprechender Entwurf zur Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) verabschiedet werden. Mit einem klaren "Nein" aus Karlsruhe zu verdeckten Online-Durchsuchungen rechnet Edathy folglich nicht. So könnte die große Koalition dem Bundestrojaner noch im ersten Halbjahr 2008 Flügel verleihen.

Der Vorstoß überrascht, da selbst der federführende Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) gerade beim BKA-Gesetz öffentlich leicht auf die Bremse getreten war. Inzwischen ist in dem von ihm geführten Haus von einer prinzipiellen Einigkeit der Koalition die Rede, dass das Gesetzgebungsverfahren gleich nach Verkündung des Urteils der roten Roben eingeleitet werde. Bis dahin solle der Entwurf bereits reif für die Verabschiedung im Bundeskabinett gebracht werden, ergänzte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU).

Edathy hatte das Drängen der Union auf einen schnellen Startschuss für den Bundestrojaner im Sommer noch als "Aktionismus" zurückgewiesen. Erst müssten die Details der Spionagesoftware ausgearbeitet sein. Anscheinend ist das BKA auf dieser Ebene vorangekommen, nachdem Schäuble vor kurzem den Entwicklungsstopp Medienberichten zufolge im November aufhob. Juristen erklärten dagegen erst am Freitag erneut, dass sie den vom Verfassungsgericht angemahnten Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung bei Online-Razzien nicht gegeben sehen. Auch die Verfahrensabsicherung durch einen Richtervorbehalt könne Missbrauch nicht ausschließen.

Auch bei der umstrittenen Frage einer möglichen Lockerung der Regeln für den großen Lauschangriff zeigte sich Edathy im Einklang mit alten CDU-Forderungen. Danach soll ein Richterband mitlaufen, sobald die Intimsphäre der Belauschten berührt wird. Die Auswertung soll nur im Beisein eines Richters erfolgen. Das Urteil aus Karlsruhe zur akustischen Wohnraumüberwachung sieht nach Expertenansicht jedoch bereits ein Erhebungsverbot von Informationen aus dem Kernbereich der Privatheit. Eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums wies die Ansicht Edathys daher eilig als dessen "Privatmeinung" zurück, die mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht in Einklang zu bringen sein. Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Petra Pau, kritisierte die Äußerungen ihres SPD-Kollegen ebenfalls: "Es kommt offenbar, wie es zu erwarten war: Wieder einmal gibt die SPD in einer zentralen Bürgerrechts-Frage klein bei."

Zum aktuellen Stand und der Entwicklung der Debatte um die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe:

(Stefan Krempl) / (anw)