Die Investoren-Dynastie

Innovationsförderung I: Seit mehr als einem halben Jahrhundert bringen die Drapers mit ihrem Wagniskapital Innovationen auf den Weg. In den vier Generationen zeigt sich auch der Wandel des Venture-Capital-Geschäfts.

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Von
  • Jessica Leber

Innovationsförderung I: Seit mehr als einem halben Jahrhundert bringen die Drapers mit ihrem Wagniskapital Innovationen auf den Weg. In den vier Generationen zeigt sich auch der Wandel des Venture-Capital-Geschäfts.

Wenn es so etwas wie einen Investorenadel im Silicon Valley gibt, sind es die Drapers. In der vierten Generation sind sie dabei, mit frischem Kapital Innovationen zu befördern. Der jüngste Spross, der 26-jährige Adam Draper, schlägt dabei ganz neue Wege ein – und zeigt, wie sich das Venture-Capital-Geschäft ändern könnte.

Der Studienabbrecher Adam ist auch Teil einer neuen Unternehmergeneration, die schnell handelt und die Dinge lockerer nimmt. Anfang des Jahres hat er BoostFunder mitgegründet: eine Plattform, um Start-ups und Investoren zusammenbringen. Anders als früher sind Firmengründungen im Online- und Mobilgeschäft heute mit deutlich weniger Geld zu schaffen. Traditionelle Rituale der Vermittlung von Wagniskapital scheinen da kaum noch nötig. BoostFunder bietet einfach schlichten Online-Katalog an, in dem wohlhabende Investoren sich durch Listen von Start-ups klicken können.

„Es würde mich sehr freuen, wenn ich dafür bekannt werde, die Finanzierung von Start-ups demokratisiert zu haben“, sagt Adam, als ich ihn das erste Mal im August treffe. Er wolle Firmengründungen so billig machen, dass wirklich jeder sie wagen kann. „Auf gewisse Weise ruiniert dies das Geschäftsmodell meines Vaters und meines Großvaters.“ Adams Vater ist Timothy Draper, der mit nur 27 Jahren Draper Fisher Jurvetson mitgründete. Großvater William Henry Draper III, Gründer von Draper Richards, ist eine Investorenlegende im Silicon Valley.

Adams Modell ist kein Akt der Rebellion gegen die Älteren. In den nuller Jahren waren die Erträge der Venture-Capital-Branche niedrig. Auch weil immer weniger Unternehmer den Dienste in Anspruch nehmen. Einige sprechen schon offen vom Ende des klassischen Wagniskapitals, abgelöst durch Firmen wie AngelList oder BoostFunder. Adam selbst hat in BoostFunder nur 50.000 Dollar gesteckt.

Damit allerdings führt er eine andere Familientradition des Draper-Clans fort: immer an der Spitze des neuesten Trends zu sein. Adams Urgroßvater William Henry Draper Jr. gründete 1959 die erste Wagniskapitalfirma an der amerikanischen Westküste. Investitionen in Technologien wurden damals noch als „spezielle Situationen“ umschrieben. Dessen Sohn, Draper III. investierte früh in Internet-Telefonie und Defibrillatoren und machte damit ein Vermögen. Timothy Draper wiederum entdeckte früh die heutigen Schwellenländer Brasilien, Indien und China, als deren Märkte noch weitgehend ignoriert wurden.

Großvater und Vater Draper nehmen die Veränderung ihrer Branche sehr wohl wahr. Der Wettbewerb ist härter geworden, vor allem in der Anfangsfinanzierung von Start-ups. Das Tausendfache auf die eigene Investition herauszubekommen, wird immer schwerer. William Henry Draper III. gelang dieses Kunststück noch. Er stellte einigen unbekannten estnischen Programmierern einen Scheck aus, weil er die Idee überzeugend fand. Die kleine Firma hieß: Skype.

Draper Fisher Jurvetson, die Firma von Vater Timothy, ist gerade dabei, sich an das geänderte Umfeld anzupassen. Zum ersten Mal wurde ein „Head of Marketing“ angeheuert. Ein neuer Vollzeit-Partner ist ausschließlich damit beschäftigt, Draper-finanzierten Unternehmen bei der Anwerbung neuer Mitarbeiter zu helfen.

BoostFunder ist jedoch kein Selbstläufer. Unter den mehr als hundert Start-ups auf der Plattform findet sich ein wildes Gemisch aus Geschäftsmodellen, von der ernsthaften Innovation bis hin zu eher amüsantem Techno-Zeitgeist. Ein Beispiel für Letzteres ist Dareme.to. Die Firma ermöglicht über ihre App, dass Menschen ihre Freunde zu waghalsigen Aktionen überreden und dafür Geld sammeln.

Als ich William Henry Draper III frage, wie er die Plattform seines Enkels findet, kommt eine etwas gewundene Antwort: „Die ist sehr gut. Naja, eigentlich kann ich noch nicht sagen, dass sie sehr gut ist. Aber sie ist äußerst vielversprechend.“

Denn natürlich ist da die Frage, womit BoostFunder Geld verdienen will. Als ich Adam Draper vor kurzem noch einmal danach frage, hat der sich schon wieder in eine neue Richtung bewegt. In der ursprünglichen Form könne BoostFunder nicht funktionieren, erklärt Adam. Denn um an den Transaktionen, die es vermitteln will, zu verdienen, müsste es eine Lizenz als Finanzdienstleister haben. Auf den bürokratischen Alptraum, der damit einherginge, habe er keine Lust. Denn dann hätte er Abstriche an seiner Produktidee machen müssen.

Ende August habe er deshalb seinen Vater angerufen und ihm eine neue Idee präsentiert. Timothy Draper gefiel sie, der Großvater William Henry Draper III. wurde hinzugezogen und gab ebenfalls grünes Licht. Nun wird BoostFunder als Start-up-Inkubator aufgestellt.

„Ich habe festgestellt, dass meine Fähigkeit darin besteht, Start-ups zum Laufen zu bekommen“, sagt Adam jetzt. Das neue BoostFunder soll nun mit der Expertise von drei Venture-Capital-Generationen abheben.

Sein Geschäftsmodell ähnelt nun stark dem erfolgreichen Inkubator Y-Combinator. Draper will Anteile an zehn bis 15 jungen Firmen zeichnen, als Gegenleistung für Coaching, gute Beziehungen in der Industrie und eine Einlage von 10.000 bis 20.000 Dollar. Das Geld sammelt Adam in der Familie und bei Freunden. Er zielt vor allem auf Ausgründungen aus Universitäten ab. BoostFunder soll so eine Art „Brücke ins Silicon Valley“ bilden, die die akademischen Forschung mit der Venture-Capital-Szene verbindet. Inzwischen hat Adam sogar sein Diplom in der Tasche.

Ganz ohne die alte Welt des Wagnis-Kapitals geht es wohl nicht. Denn Firmen, die sich mit bekannten Investoren wie Draper Richards schmücken können, fahren häufig besser. Sein Traum sei, „Unternehmergeist zu verbreiten“, sagt Adam Draper. Und dazu braucht man dann doch Geld und Beziehungen.

(nbo)