Open Society Foundation will Open Access zum weltweiten Standard machen

Zehn Jahre nach der Veröffentlichung der ursprünglichen "Budapest Open Access Initiative" hat die dahinterstehende Open Society Foundation Resümee gezogen und Empfehlungen fürs nächste Jahrzehnt gegeben.

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Zehn Jahre nach der Veröffentlichung der ursprünglichen "Budapest Open Access Initiative" (BOAI) hat die dahinterstehende Open Society Foundation Resümee gezogen und Empfehlungen fürs nächste Jahrzehnt des offenen wissenschaftlichen Publizierens gegeben. "Im Internetzeitalter verlangen und brauchen die Menschen Zugang zum Wissen, um informierte Entscheidungen zu treffen", erklärte Melissa Hagmann im Namen der Stiftung, die der frühere Finanzspekulant George Soros ins Leben gerufen hat. Ein offener Zugang zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen, Gesetzen und Daten sei daher entscheidend, um die Bürger sowie vor allem die Jugend zu ermächtigen und zur demokratischen Teilhabe zu ermuntern.

"Wenn Forscher neue, für sie relevante Werke online ausfindig machen, erlaubt es ihnen das Open-Access-Prinzip, sie zu erlangen und zu lesen", ergänzte der frühere Philosophieprofessor Peter Suber, der zu den ersten Unterstützern der Bewegung zählt. Zusätzlich werde es möglich, die Resultate weiterzuverwenden, ohne um Erlaubnis zu fragen. Die im Februar 2002 veröffentlichte Budapester Initiative war eine der ersten Erklärungen, die auf den freien Online-Zugang zur wissenschaftlichen Fachzeitschriftenliteratur für alle akademischen Felder drängte und als frühes Sammelbecken für weitere, bereits bestehende einschlägige Projekte diente. Hauptsächlicher Gedankengeber war der britische Psychologe Stevan Harnard.

Unter "Open Access" versteht das BOAI-Manifest, dass "Interessierte die Volltexte lesen, herunterladen, kopieren, verteilen, drucken, in ihnen suchen, auf sie verweisen und sie auch sonst auf jede denkbare legale Weise benutzen können". Dabei sollen keine finanziellen, gesetzlichen oder technischen Barrieren neben den Kosten für den Internet-Zugang bestehen. Mit dem Urheberrecht steht die Initiative dabei nicht auf dem Kriegsfuß: Den Sinn des Urheberrechts bei Open-Access-Arbeiten sieht sie darin, Autoren die Kontrolle über ihre Arbeit zu erhalten und ihnen das Recht zu sichern, dass ihre Arbeit angemessen anerkannt und zitiert wird.

Neben der "Selbst-Archivierung" wollte die BOAI auch ernsthafte Alternativen zu wissenschaftlichen Zeitschriften der Verlage in elektronischer Form fördern. Die Hürden liegen dabei vor allem in den Kosten der fürs Renommee wichtigen Peer Reviews, selbst wenn die "Gegenleser" ihre Arbeitsleistung umsonst erbringen. Harnard hielt hier zahlreiche alternative Misch-Finanzierungen für möglich, etwa "durch private und staatliche Stiftungen und Fördereinrichtungen, Universitäten oder Spenden". Einnahmen durch Werbung bei den Texten brachte die BOAI genauso ins Spiel wie finanzielle Beiträge, die Wissenschaftler selbst zu zahlen bereit sind. Schließlich baute sie "auf Mittel, die frei werden, indem überteuerte Zeitschriften abbestellt werden".

Mittlerweile ist die Bewegung zur Förderung des freien Austauschs wissenschaftlicher Erkenntnisse und das darauf basierende alternative Publikationsmodell eine feste Größe geworden. Studien haben längst den rechtlichen Rahmen umrissen, unter dem Open-Access-Veröffentlichungen etwa hierzulande möglich sind. Im Frühjahr kündigte die renommierte Harvard-Universität an, das Prestige ihrer Forscher verstärkt hinter das Modell stellen zu wollen. Die EU-Kommission möchte erreichen, dass bis 2016 etwa 60 Prozent der Publikationen im Rahmen öffentlich geförderter Forschung per Open Access frei zugänglich sind. Auch die britische Regierung hat eine einschlägige Initiative verabschiedet, die allerdings die Übernahme der Publikationskosten durch die Autoren vorsieht.

Der neuen BOAI-Empfehlung geht es nun hauptsächlich darum, eine nachhaltige Infrastruktur für Open-Access-Publikationen auf die Beine zu stellen. Die einstigen Ideen sollen um professionelle Anreizsysteme, Serverstrukturen und funktionierende offene Lizenzen erweitert werden. Die Open-Society-Stiftung setzt dabei auf die besonders freizügige Creative-Commons-Lizenz CC-BY, die eine Weiterverbreitung und das Remixen bei Namensnennung des Schöpfers selbst für kommerzielle Zwecke erlaubt. Regierungen und Geldgebern wird nahe gelegt, die mit ihren Mitteln geförderten wissenschaftliche Werke gemäß dem Open-Access-Ansatz freizugeben. Zudem sollen die Mitglieder der Bewegung gemeinsam an freien Bildungsmaterialien und der Verwirklichung der Open-Government-Idee arbeiten. (jk)