"Bemerkenswert erfolgreiche Gentherapie"

Neuartige Medikamente gegen schwere Krankheiten zeigen, dass gentherapeutische Ansätze durchaus erfolgreich sein können, sagt Klaus Cichutek vom Paul-Ehrlich-Institut im TR-Interview.

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  • Veronika Szentpetery-Kessler

Neuartige Medikamente gegen schwere Krankheiten zeigen, dass gentherapeutische Ansätze durchaus erfolgreich sein können, sagt Klaus Cichutek vom Paul-Ehrlich-Institut im TR-Interview.

Cichutek (57) ist Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, das in Deutschland unter anderem für die Zulassung von Gentherapeutika zuständig ist.

Technology Review: Herr Cichutek, Forscher melden Gentherapie-Erfolge bei HIV und Krebs. Lange Jahre stand die Behandlungsmethode eher für schwere Nebenwirkungen. Steht nun eine Renaissance an?

Klaus Cichutek: Das Ergebnis bei 43 HIV-infizierten Patienten ist wirklich bemerkenswert. Die Forscher hatten ihnen Immunzellen entnommen, diese genetisch so verändert, dass sie infizierte Zellen im Blut von Aids-Patienten angreifen konnten.

Auch elf Jahre nachdem die Forscher den Patienten die Immunzellen wieder zurückgegeben hatten, waren sie bei 42 von ihnen noch im Körper zu finden. Zudem zeigten sich keine schwerwiegenden Nebenwirkungen. Krebserkrankungen etwa, die in klinischen Prüfungen mit genetisch veränderten Stammzellen beobachtet worden waren, blieben aus.

TR: Allerdings missglückte das wichtigste Ziel: die Patienten zu heilen.

Cichutek: Das stimmt leider. Ich habe darüber erst vor wenigen Tagen mit dem Leiter der Studie, Carl June von der University of Pennsylvania, gesprochen. Die Menge der Viren im Blut ist so gut wie nicht gesunken, die Betroffenen müssen weiter Medikamente nehmen.

TR: Ist das nicht genau jene Ernüchterung, die Gentherapien seit jeher begleitet?

Cichutek: Das Urteil fällt positiver aus, wenn man sich Junes andere Studien anschaut. Vergangenen Sommer gelang es seinem Team, mit genveränderten Immunzellen Leukämien zu bekämpfen. Bei zwei von drei Behandelten ließen sich keine Krebszellen mehr finden. Bleiben die modifizierten Zellen darüber hinaus noch lange im Körper, ohne selbst wiederum Krebs hervorzurufen, ist das eine gute Nachricht. Ich möchte hier wirklich ein bisschen Hoffnung vermitteln.

TR: Aber die Therapie bleibt riskant, oder nicht?

Cichutek: Nicht prinzipiell. Das Risiko hängt nach bisherigen Erfahrungen unter anderem vom behandelten Zelltyp und der Art der Genfähre ab. So scheint nur bei blutbildenden Stammzellen die Gefahr groß zu sein, dass eingeschleuste Gene zu Leukämien führen. Dazu wird eine verbesserte Behandlungsmethode gerade klinisch untersucht.

TR: Wann also erwarten Sie die erste Zulassung für eine Gentherapie?

Cichutek: Erste Zulassungsanträge lagen bereits vor, wurden aber teilweise wieder zurückgezogen. Letztlich fehlt noch ein überzeugender Wirksamkeitsnachweis. Beim oben genannten Ansatz gegen Krebs könnte sich aber recht schnell etwas tun. (vsz)