SCO taumelt: Bilanz eines Entscheidungsjahres

Die SCO Group steht vor den Trümmern ihrer Klagestrategie, bei der sie durch Verfahren gegen Novell um Unix-Rechte und gegen IBM um angeblich unrechtmäßig nach Linux kopierten Code die Basis für ein Linux-Lizenzgeschäft legen wollte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 64 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers

2007 sollte das entscheidende Jahr für die SCO Group werden. Beflügelt durch einen erhofften Sieg im Verfahren mit Novell um die Eigentumsrechte an Unix sollte das Verfahren gegen IBM um möglicherweise unrechtmäßig nach Linux kopierten Code durchgepaukt werden: "Nach ein paar kleineren Rückschlägen nehmen wir wieder Fahrt auf", schrieb SCO-Chef Darl McBride zum Beginn des Jahres. Im Rückblick wird deutlich, dass diese Fahrt das SCO-Schiff direkt auf ein Riff führte und leckgeschlagen zurückließ: Im scheinbar einfachen Verfahren gegen Novell reichte der Streit um den Kaufvertrag der Unix- und Unixware-Rechte aus, das Prozessgebäude von SCO zu demolieren. Richter Kimball entschied Mitte des Jahres, dass die Unix-Copyrights bei Novell liegen. Damit ging der erste wichtige Prozess verloren, auch wenn noch über die Höhe der Summe verhandelt werden muss, die SCO an Novell zahlen muss.

Nach dieser schweren Niederlage suchte SCO neue Kreditgeber und musste schließlich das Insolvenzverfahren nach Chapter 11 des amerikanischen Konkursrechts einleiten. In diesem Verfahren zauberte SCO-Chef Darl McBride überraschend einen neuen Investor aus dem Zylinder, der es ganz außerordentlich eilig hatte, viel Geld auszugeben – und ebenso plötzlich wieder verschwand wie das berühmte weiße Kaninchen.

Nun steht SCO vor den Trümmern seiner Klagestrategie. Und mit Sandeep Gupta geht dieser Tage ein Chief Technology Officer mit nachgewiesenen Unix-Kenntnissen von Bord, dem Investoren die Sanierung der einzigen Umsatz bringenden Sparte zutrauten. Das Geschäft mit Alarmierungsfunktionen für Mobilgeräte unter dem Namen Me Inc. ist flau, die Ausgründung einer Patentverwertungsfirma unter dem Namen Cattleback bringt keine Einnahmen. Dafür ist SCO nicht in der Lage, die Ausgaben unter Kontrolle zu bringen. Das zeigen Anträge im Konkursverfahren, die von den unermüdlichen Prozessbeobachtern von Groklaw veröffentlicht wurden. In ihnen bittet SCO um die Erhöhung der Spesen und die Einwilligung, Mietverträge abschließen zu dürfen, die offenbar überraschend ausgelaufen sind.

Zum Jahreswechsel 2007 gab es noch vereinzelte Stimmen unter den Analysten, die darauf hinwiesen, dass die weitere Entwicklung von Linux durch Rechtsansprüche von SCO gefährdet werden könnte. Solche Bedenken sind derzeit nicht mehr zu hören. Was bleibt, sind kleinere juristische Geplänkel, wenn ein SCO-Server die falschen Seiten ausliefert, die daran erinnern, dass man einstmals von jeder gewerblichen Linux-Installation Ablassgelder eintreiben wollte. Für SCO wird 2008 ein Schicksalsjahr.

Zu den Entwicklungen in dem Streit, den SCO mit IBM, Novell und der Open-Source-Gemeinde um SCO-Rechte an Unix und angeblich unrechtmäßig in Linux übernommenen Code angezettelt hat, siehe den Online-Artikel in c't Hintergrund (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(Detlef Borchers) / (jk)