Wie eine Nabenschaltung fürs Fahrrad Autos sparsamer machen soll

Der NuVinci-Code

Eine völlig neue Art von CVT-Getrieben soll nach den Plänen von Allison Transmissions und Dana die Effizienz von Autos verbessern helfen: Die amerikanischen Marktführer für Fahrzeuggetriebe wollen die Vorteile einer Fahrrad-Nabenschaltung nutzen

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  • Florian Pillau
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München, 17. Oktober 2012 – Eine vollkommen neue Art von Automatik-Getrieben soll nach den Plänen von Allison Transmissions und Dana die Effizienz von Autos verbessern helfen. Beide wollen die Vorteile einer kontinuierlich variablen Übersetzung (CVT, „Continuously Variable Transmission“) mit einer einfacheren Bauweise erreichen als in den aktuell üblichen stufenlosen Getrieben mit Gliederriemen und variablen Scheiben. Das "NuVinci" genannte Getriebe ist vor ein paar Jahren von Fallbrook Technologies erfunden und zur Serienreife entwickelt worden. Seit einiger Zeit auf dem Markt, hat es seine Praxistauglichkeit im kleinen Maßstab bereits in Fahrrädern, Gartentraktoren und Aggregaten beweisen können. Und weil Allison und Dana immerhin die amerikanischen Marktführer für Fahrzeuggetriebe sind, sollten sie wissen, was sie da tun.

Wie kam das CVT ins Fahrrad?

Weil das Grundprinzip bereits um 1490 von Leonardo da Vinci beschrieben und von Fallbrook lediglich weiterentwickelt wurde, hat man es NuVinci genannt. Hier eine Ausriss aus der Geschichte der Radnabe in der Selbstdarstellung: „Ende der 1990er Jahre beschloss ein leidenschaftlicher Radfahrer und späterer Firmengründer aus dem kalifornischen Fallbrook, das schnellste Rad der Welt zu bauen. Er erkannte, dass die Schaltung das größte Verbesserungspotenzial besaß. Wenn man nur das nahtlose Schalten eines stufenlos schaltenden Getriebes, wie es in neuen, energieeffizienten Autos verwendet wird, auch an einem Fahrrad einsetzen könnte, würde das Schalten so einfach und reibungslos ablaufen wie die Lautstärkeregelung an einem Radio. Tatsache ist – das geht!“

Kippende Kugeln

Das NuVinci ist ein Planetengetriebe. Darin erfolgt der Kraftschluss zwischen Eingangs- und Ausgangswelle über Kugeln. Durch Kippen dieser auf Achsen laufenden Kugeln in Verhältnis zu den seitlichen angeordneten Scheiben kann das Übersetzungsverhältnis zwischen Antrieb und Abtrieb stufenlos variiert werden. Fallbrook vertreibt Fahrradnaben, die nach diesem Prinzip arbeiten und bei einem Gewicht von 2,45 kg eine Getriebespreizung von bis zu 360 % bieten. Während im Fahrrad mit einer rund halb so schweren Kettenschaltung Spreizungen von über 500 % möglich sind, ist im Auto eine Gewichtsersparnis denkbar: Im Vergleich zu anderen aktuellen Getriebetechnologien ist die NuVinci-Technik weniger komplex, lässt sich leichter in verschiedenen Größen bauen und ist kostengünstiger zu fertigen. Für den Einsatz mit einem Verbrennungsmotor muss es mit einer Anfahrkupplung ausgestattet werden, das kann eine Reibkupplung oder ein hydrodynamischer Wandler sein. Ebenfalls erhältlich ist es mit einem zusätzlichen Planetenradsatz. Die Herausforderung für die Getriebehersteller Dana und Allison dürfte nun vor allem sein, es für die ungleich höheren Drehmomente in Kraftfahrzeugen tauglich zu machen.

Kleiner, leichter, günstiger

Allison, Dana und Fallbrook wollen „in strategischer Partnerschaft hocheffiziente Getriebe für Pkws, Nutzfahrzeuge und Off-Highway-Ausrüstung entwickeln, herstellen und vermarkten. Diese Getriebe werden konstruiert, um die Kraftstoffeffizienz zu steigern, Emissionen zu senken und die Leistung des Fahrzeugs zu verbessern“, zu keinem anderen Ziel also wie jedes andere Getriebe auch. Die Vorteile seiner Bauart werden außer der Vereinfachung in einer besseren Anpassbarkeit an verschiedene Einsatzzwecke gesehen. Fallbrook beschreibt die Vorteile so: „... im Vergleich mit herkömmlichen CVTs einfacher aufgebaut, kleiner und leichter sowie günstiger in Fertigung und Unterhalt, Ein- und Ausgangswelle liegen in der gleichen Ebene.“

Das scheint schon deshalb glaubwürdig, weil man allein für die Steuerung eines Riemen-CVTs eine komplizierte und kontinuierlich energiezehrende Hydraulik mit Mechatronik zur Betätigung der Scheiben benötigt. Nicht zu vergessen die aufwendige Fertigung des Riemens. Roger J. Wood, Präsident und Firmenchef von Dana deutet ein großes Potenzial an, wenn er sagt: „Diese Technologie ist ein echter Sprung nach vorne im Getriebebau, der unser wachsendes Portfolio von modernen Antriebssystemen und umfassenden Fahrzeuglösungen unterstreicht.“