Auf der Suche nach der Photovoltaik von morgen

Das US-Start-up Bandgap Engineering will mit Hilfe von Silizium-Nanodrähten den Wirkungsgrad von Solarzellen drastisch erhöhen.

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Von
  • Kevin Bullis

Das US-Start-up Bandgap Engineering will mit Hilfe von Silizium-Nanodrähten den Wirkungsgrad von Solarzellen drastisch erhöhen.

Der Solarindustrie geht es derzeit nicht sonderlich gut. Gekürzte Subventionen, Umsatzeinbrüche, Insolvenzen: Eine schlechte Nachricht jagt die andere. Kein Wunder, dass im Moment kein Unternehmen in neue Produktionsanlagen investiert. Sollte die Industrie aus diesem Tal wieder herauskommen, könnte sie allerdings die Gelegenheit nutzen, auf neue, noch effizientere Technologien umzurüsten. Zum Beispiel die von Bandgap Engineering: Das US-Start-up entwickelt eine Solarzelle aus Nanodrähten, die bei gleichen Abmessungen bis zu doppelt so viel Leistung bringt wie herkömmliche Solarzellen.

Eine erste, einfache Version dieser Technologie will Bandgap Engineering in Kürze auf den Markt bringen. Die Zellen ließen sich bereits mit den heutigen Anlagen produzieren, lockt die Firma potenzielle Hersteller.

Das Start-up will ein verbreitetes Problem heutiger Solarzellen angehen: Zu viele Lichtteilchen passieren das Silizium ohne Absorption, oder ihre Energie ist zu gering, um in dem Halbleitermaterial Elektronen in Bewegung zu setzen. Bei herkömmlichen Zellen gehen so bis zu 85 Prozent des einfallenden Sonnenlichts verloren.

Anstatt einen durchgehenden Siliziumkristall zu verwenden, setzt Bandgap Engineering auf Wälder aus aufragenden Nanodrähten. Photonen, die nicht gleich absorbiert werden, ändern mittels Beugung an den Drähten ihre Richtung im Siliziumwald und können so vielleicht im zweiten oder dritten Versuch eingefangen werden.

Das ist aber nur ein Teil der Verbesserung. Macht man die Nanodrähte in ihrer Form möglichst identisch und formt ihre Kristallgitter so, dass die Atome in gezielt ausgerichteten Ebenen liegen, lassen sich die elektronischen Eigenschaften des Siliziums verändern. Die so genannte Bandlücke (englisch: Bandgap) könnten auch Elektronen überwinden, die von energieärmeren Photonen angeregt werden.

Auf diese Weise könnte auch Sonnenlicht mit größerer Wellenlänge, im roten bis infraroten Bereich in Strom umgewandelt werden, sagt Marcie Black, Gründer von Bandgap Engineering. Bislang sorgen diese Photonen vor allem dafür, dass sich die Solarzelle aufheizt, also einen Wärmeverlust hat. Theoretisch hält Black Wirkungsgrade von 60 Prozent für möglich, peilt jedoch erst einmal 38 Prozent an.

Mit einer besseren Absorption könnten die Hersteller herkömmliche Siliziumzellen noch flacher machen – wenn auch nicht beliebig dünn, da die Wafer sonst zu leicht brechen können. Weil das Silizium der größte Kostenblock ist, dürften aber schon geringe Einsparungen interessant sein. Ersetzt man dann noch die Silberleitungen an der Zelle durch Kupferbahnen, wird die Zelle noch einmal billiger.

Schon in der einfachen Version seien Solarmodule vorstellbar, die einen Wirkungsgrad von 20 Prozent haben, aber nur einen Dollar pro Watt installierter Leistung kosten, sagt Richard Chleboski, CEO von Bandgab Engineering. Zum Vergleich: Herkömmliche Siliziumzellen bringen es zurzeit auf 16 bis 18 Prozent Wirkungsgrad, wobei ihn die Zusammenschaltung zu Modulen noch einmal um zwei Prozentpunkte verschlechtert. Die Installationskosten liegen bei über zwei Dollar pro Watt.

Über die gesamte Lebensdauer eines Moduls könnten die Stromgestehungskosten für derartige Module bei sechs bis zehn US-Cent pro Kilowattstunde liegen. Das ist zwar immer noch etwas teurer als Erdgas-Strom. Der liegt in den USA zurzeit bei vier Cent pro Kilowattstunde. Doch wären diese Kosten immer noch hervorragend im Vergleich zum heutigen Solarstrom – erst recht in sonnenreichen Weltgegenden.

Ein Wirkungsgrad von 38 oder mehr Prozent ist vorerst nur ein ehrgeiziges Ziel. Denn bislang ist es noch nicht möglich, Millionen von Nanodrähten ausreichend präzise zu formen. Fände man ein Verfahren, wäre immer noch fraglich, ob es stabil und kostengünstig genug ist.

„In der Theorie hat der Ansatz einige Vorteile, aber man muss ihn eben umsetzen“, sagt Andrew Norman vom National Renewable Energy Laboratory im US-Bundesstaat Colorado. In Vorarbeiten konnte Bandgab Engineering immerhin zeigen, dass sich die elektronischen Eigenschaften der Nanodrähte in der gewünschten Richtung manipulieren lassen. „Wir sind noch in der Forschungsphase“, sagt Black, „das sagen wir unseren Investoren ganz ehrlich.“

(nbo)