AMD will künftig nur noch die "mittlere" Leistungsaufnahme nennen

Die "Average CPU Power" (ACP) bringt laut AMD eine realistische Einschätzung der Leistungsaufnahme von Servern. Allerdings heizt das Unternehmen eine alte Diskussion um die Angabe der Leistungsaufnahme von Prozessoren damit neu an.

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Das Logo der Quad-Core Opterons

Statt den bisherigen drei Stufen für die maximale Leistungsaufnahme der Opteron-Serverprozessoren nennt AMD ab sofort, also beginnend mit den heute vorgestellten Quad-Core-Opterons, nur noch den Wert der Average CPU Power (ACP). Während in der AMD-Online-Vergleichstabelle für die "alten" Doppelkern-Opterons die Leistungsaufnahmeklassen 68 (High Efficiency, HE), 95 (Standard) und 120 Watt (Special Edition, SE) zu finden sind, liegen die entsprechenden ACP-Klassen jetzt bei 55, 75 und 105 Watt.

Mit den ACP-Daten will AMD den Opteron in ein "grüneres" Licht rücken, was auch für das neu gestaltete Logo gilt. Damit surft AMD auf der aktuellen Öko-Welle und versucht auch, vom Thema Energiebedarf in Rechenzentren zu profitieren. Allerdings heizt AMD nun eine alte Diskussion um die Angabe der Leistungsaufnahme von Prozessoren neu an.

Sowohl AMD als auch Intel verwenden seit Jahren den Begriff Thermal Design Power (TDP). Dieser bezieht sich auf die Wärmeleistung, für welche die Kühlung des Prozessors und auch die Belüftung des gesamten Rechners ausgelegt sein muss. AMD und Intel haben die TDP aber jeweils unterschiedlich interpretiert: Während AMD damit die maximale Leistungsaufnahme des Prozessors bei höchster zulässiger Kernspannung, bei maximal zulässiger Betriebstemperatur und bei voller, nur mit CPU-spezifischen Tools erreichbarer Auslastung meinte, hatte Intel bei den NetBurst-Prozessoren einen deutlich niedrigeren Wert angegeben. Das ist möglich, weil sich Intel-Prozessoren dank der Funktion "Thermal Monitor" (TM/TM2) bei Überhitzung selbst heruntertakten können, also einer Beschädigung entgehen, falls sie doch mehr Leistung in Wärme umsetzen als die Kühlung wegschafft.

Aus den Maximalangaben für die Kernspannung und die maximale Stromaufnahme lässt sich die maximale theoretische Leistungsaufnahme jüngerer x86-Prozessoren nicht mehr berechnen: Sowohl AMD als auch Intel liefern Prozessoren gleichen Typs, aber mit unterschiedlichen nominellen Kernspannungen, deren jeweiligen Wert die CPU dem Spannungswandler des Mainboards übermittelt. Bei Intel-Prozessoren muss der Spannungswandler (Voltage Regulator Module, VRM) zudem eine Kennlinie exakt einhalten, bei der mit steigender Stromaufnahme der CPU die Kernspannung sinkt.

Wegen dieser technischen Maßnahmen ist man bei der Angabe der maximalen Leistungsaufnahme von aktuellen x86-Prozessoren auf die Angaben der CPU-Hersteller angewiesen. Weil sich aber TDP-Klassen für jeweils mehrere einzelne CPU-Varianten eingebürgert haben, setzen die meisten aktuellen AMD64- und Intel-Core-Prozessoren selbst unter Volllast deutlich weniger als ihre TDP in Wärme um. Hinzu kommt noch, dass manche Mainboards – oft solche, die für Übertakter ausgelegt sind – die CPU-Kernspannung eher etwas höher einstellen, wodurch der Prozessor stabiler laufen soll. Dadurch steigt die Leistungsaufnahme der Prozessoren mit ihren Abermillionen Transistoren allerdings deutlich, hinzu kommt noch die unterschiedliche Effizienz verschiedener VRM-Schaltungen; Differenzen von mehr als 30 Watt unter Volllast sind keine Seltenheit, wenn man die Leistungsaufnahme verschiedener Desktop-PC-Mainboards mit demselben Prozessor und sonst identischer Ausstattung vergleicht.

Weil sich Prozessoren extrem dynamisch verhalten und viele Stromsparfunktionen beherrschen, die bei geringer Last oder im Leerlauf die Leistungsaufnahme senken, liefern die Angaben zur CPU-TDP also tatsächlich nur sehr grobe Anhaltspunkte zur Einschätzung des wirklichen Energiebedarfs eines Computers im Verlauf seines Betriebs; dieser Energiebedarf hängt stärker von der Betriebsdauer und der Auslastung des Rechners ab als von der TDP der Prozessoren (Energie ist das Produkt aus Leistung und Zeit). Hinzu kommen noch viele andere Faktoren, etwa Erweiterungskarten, Laufwerke, der Wirkungsgrad von Netzteilen oder eine redundante Stromversorgung. Auch die Zahl der Speichermodule pro System spielt eine Rolle, insbesondere bei Xeon-Systemen mit Fully-Buffered-DIMMs.

Die Einführung der ACP-Angabe durch AMD führt nun zu der verwirrenden Situation, dass Dual-Core-Prozessoren mit 95 Watt TDP auf dem Papier leistungshungriger aussehen als Quad-Core-Prozessoren mit 75 Watt ACP, obwohl Messungen an Servern zeigen, dass Quad-Core-Prozessoren unter Volllast typischerweise mehr Strom ziehen als Dual-Core-Prozessoren, die nominell in derselben TDP-Klasse liegen.

AMD begründet den Schritt zu ACP in einem ausführlichen Whitepaper (PDF-Datei). Demnach soll die ACP im AMD-Labor aus dem geometrischen Mittel von Leistungsmessungen bei Belastung der Prozessoren mit den Benchmarks TPC-C, SPEC CPU2006, SPEC jbb2005 und STREAM ermittelt werden.

Laut diesem Papier habe es "geringen Wert, die Leistungsaufnahme nur durch das Addieren der Datenblattangaben verschiedener Komponenten" zu bewerten, weil darin "im Allgemeinen lediglich deren maximale Leistungsaufnahme" zu finden sei. Diese Einschätzung ist nachvollziehbar. Allerdings scheut sich AMD nicht, beim Vergleich mit konkurrierenden Prozessoren die eigenen ACP-Werte gegen die summierten TDP-Angaben von Intel zu stellen.

ACP gegen TDP

Die nebenstehende Grafik "ACP gegen TDP" stammt aus einem PDF-Dokument, das AMD der Presse anlässlich der Barcelona-Vorstellung zugänglich gemacht hat. Auch bei den Angaben zur Leistungsaufnahme des Intel-Chipsatzes wählt AMD in diesem Beispiel die ungünstigste TDP-Angabe aus Intel-Datenblättern (32,4 Watt für den 5000X statt 30,0 Watt für den 5000P). Für die eigenen Prozessoren will AMD in Zukunft die TDP im alten Sinne nur noch Entwicklern nennen. (ciw)