Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Zahlungsverzug

Die Umsetzung der EU-Richtlinie sollte Unternehmen vor Zahlungsverzug schützen. Nun scheint es so, als ob die gegenteilige Wirkung erreicht wird.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Marzena Sicking

Die Bundesregierung hat den Gesetzentwurf "zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr" (17/10491) in den Bundestag eingebracht und kürzlich in erster Lesung besprochen. Damit soll eine Richtlinie der Europäischen Union umgesetzt werden und als Gesetz im Frühjahr nächsten Jahres in Kraft treten. Die neuen Regeln gelten im B2B-Bereich, Verbrauchergeschäfte sind nicht betroffen. Und obwohl das neue Gesetz die Situation der Gläubiger doch eigentlich verbessern sollte, wird erste Kritik laut.

Zum Hintergrund: Es handelt sich um die Neufassung einer Richtlinie aus dem Jahr 2000, die durch eindeutigere Formulierungen und die Einführung klar definierter und spürbarer Sanktionen die Zahlungsmoral im Geschäftsverkehr positiv beeinflusst soll.

So darf eine vertraglich festgelegte Zahlungsfrist nur dann mehr als 60 Tage betragen, wenn dies ausdrücklich so vereinbart und sachlich begründet gut wurde. Öffentliche Auftraggeber dürfen grundsätzlich nur eine Zahlungsfrist von maximal 30 Tagen fordern. Die Dauer von Abnahme- und Prüfungsverfahren wird ebenfalls auf 30 Tage begrenzt. Der gesetzliche Verzugszinssatz für B2B-Geschäfte soll von acht auf neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz erhöht und ein Anspruch auf die Zahlung eines Pauschalbetrages bei Zahlungsverzug eingeführt werden. Außerdem sieht die Neufassung vor, dass der Gläubiger bei Zahlungsverzug grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz von "Beitreibungskosten" hat und eine Mindestpauschale von 40 Euro auf jeden Fall verlangen darf.

Das sieht auf den ersten Blick eigentlich gut aus, doch der Teufel liegt wie so oft im Detail. Wie der Geschäftsführer der Bremer Inkasso GmbH, Bernd Drumann, erklärt, werde dem Unternehmer die Pauschale nämlich wieder weggenommen, sobald er einen Anwalt oder ein Inkassounternehmen beauftragt – was die meisten Unternehmer in der Regel ja irgendwann tun, wenn der Schuldner trotz mehrfacher Aufforderung einfach nicht zahlen will. Die Pauschale von 40 Euro ist laut der europäischen Vorgabe dafür gedacht, die Kosten für den zusätzlichen Aufwand abzudecken, die dem betroffenen Unternehmer u.a. in seiner Buchhaltung entstehen. Engagiert er aber einen Juristen oder ein Inkassounternehmen, wird laut dem deutschen Gesetzenentwurf die Pauschale auf den Schadensersatzanspruch dieser Rechtsverfolgungskosten angerechnet. Dabei muss der Schuldner diese Kosten auch erstatten. Wieso die Pauschale, die in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehen ist, mit diesen Forderungen verrechnet werden soll, ist keinesfalls einleuchtend. Im Gegenteil: "Das ist sehr schuldnerfreundlich und wird den Zielen der Richtlinie nicht gerecht", bemängelt Drumann. "Schaltet man einen Anwalt ein, sind die 40 Euro weg. Der Gläubiger geht dann – wie schon heute – für seine eigenen Bemühungen leer aus; nicht in erster Linie der Schuldner, sondern der Gläubiger wird also faktisch bestraft, wenn der Schuldner es so weit kommen lässt".

Auch die Regelung zur Zahlungsfrist ist nur auf den ersten Blick ein echter Gewinn. Zahlungsziele von mehr als 60 Tagen sollen nur noch mit guter Begründung und in Ausnahmefällen möglich sein. In der Praxis geben gerade die kleinen und mittleren Unternehmen aber deutlich kürzere Zahlungsziele von vier bis sechs Wochen vor. Nun können die Geschäftspartner mit Verweis auf das neue Gesetz Zahlungsziele von 60 Tagen fordern. Dabei wird von kleineren Unternehmen doch genau das bemängelt: sie müssen nicht Wochen, sondern Monate auf ihr Geld warten und die großen Kunden verlangen immer mehr Zeit. Womit ein Zahlungsziel von mehr als 60 Tagen begründet sein muss, damit es akzeptabel ist, ist auch noch nicht wirklich klar. Doch die Kunden, die eigentlich dazu angehalten werden sollten, schneller zu bezahlen, werden sicher einen Weg finden, diese Grenze auch noch auszuloten. Somit ist zu befürchten, dass künftig noch mehr Firmen noch länger auf ihr Geld warten müssen als bisher. Und das neue Gesetz den Zahlungsverzug nicht verhindert, sondern sogar legitimiert. (gs)
(masi)