IGF: WIPO will Urheberrecht mit allen gesellschaftlichen Gruppen überdenken

Auf dem Internet Governance Forum hatte Internet-Enquete-Mitglied Jimmy Schultz zu einer Diskussion über das System des Urheberrechts geladen.

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  • Monika Ermert

Die World Intellectual Property Organisation (WIPO) will Unternehmen und Zivilgesellschaft mit an den Tisch holen, um das System des Urheberrechts zu überdenken. Trevor Clark, Assistent Director General für Kultur und Kreativwirtschaft der WIPO sagte auf dem 7. Internet Governance Forum (IGF), die so genannten Multi-Stakeholder-Debatten nach dem Vorbild des IGF seien "die beste und geeignetste Umgebung" für die Diskussion über die Zukunft des Urheberrechts. In der WIPO als klassischer UN-Organisation sitzen bislang nur Regierungen am Tisch.

Clark sagte in dem vom deutschen Abgeordneten und Internet-Enquete-Mitglied Jimmy Schultz organisierten Workshop, der WIPO-Generalsekretär und das Sekretariat seien überzeugt, das System des Urheberrecht müsse überarbeitet werden. Unter den Mitgliedsländern seien hier die Meinungen sehr unterschiedlich, auch wenn sie in einer ersten Runde von Ausnahmeregelungen, nämlich für Blinde, bereits recht nahe an einem Kompromiss sei. Clark unterstrich, man dürfe sich nicht nur auf Gesetzesänderungen konzentrieren. Vielmehr müsse auch die gesellschaftliche Kultur und die Infrastruktur des Urheberrechtssystems in die Debatte über Neuerungen einbezogen werden.

Googles Internet Evangelist Vint Cerf hält für notwendig, Rechte und ihre Weitergabe zentral und verbindlich zu registrieren, um Urheberrechte für digitale Dienste transparenter zu machen. Möglicherweise müsse auch die Copyright-Idee grundsätzlicher für das Netz überdacht werden, das ohne "Copy" nicht denkbar sei. Wenn das gerade zwischen den USA und mehreren Pazifikstaaten verhandelte Trans-Pacific Partnership Agreement (TPP) tatsächlich eine Klausel enthalte, die "temporäre Kopien" untersagen wolle, frage er sich, wie das technisch umgesetzt werden soll.

US-Autor Jeff Jarvis wies auf die neue Qualität von "Inhalt" hin. Anders als in der Gutenberg-Welt seien es nicht mehr nur die Werke selbst, die Inhalt und Wert darstellten, sondern auch die Meta-Informationen und die Links zu ihnen. Statt sich auf "Copies" zu konzentrien, müsse es darum gehen, den Urhebern ein Auskommen zu sichern, aber auch Alternativen zu erlauben. Autoren, denen es statt um Geld um möglichst weite Verbreitung gehe – etwa Wissenschaftlern – müssten auch Alternativen bekommen.

Schultz sagte nach dem Workshop, er habe das IGF deshalb als Forum gewählt, weil die Reform des Urheberrechts auf nationaler Ebene letztlich nicht mehr funktioniere. Sowohl das Bundesjustizministerium als auch die Enquete-Kommission sei sich der Entwicklung bewusst. "Wir müssen akzeptieren, dass es Bereiche gibt, die wir nicht mehr national kontrollieren können."

Das Motto "vorwärts immer, rückwärts nimmer" und immerzu an kleinen Stellschrauben zu drehen müsse überdacht werden, sagte Schultz mit Bezug auf den dritten deutschen Korb. In diesem Sinn müsse die Grundsatzdebatte fortgeführt werden. Auch Amelia Andersdotter, Abgeordnete der schwedischen Piraten im Europäischen Parlament, hatte in der IGF-Eröffnungssitzung gewarnt, dass rechtliche Harmonisierung nicht eine echten Auseinandersetzung über die Ziele des künftigen Urheberrechtes vorangehen dürfe. (anw)