Akku macht Gebäude sparsamer

Das Start-up Stem nutzt Datenanalyseverfahren in Verbindung mit Stromspeichern, um Gewerbeimmobilien effizienter zu machen.

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Von
  • Martin LaMonica
  • Narayanan Suresh

Das Start-up Stem nutzt Datenanalyseverfahren in Verbindung mit Stromspeichern, um Gewerbeimmobilien effizienter zu machen.

Eine junge US-Firma hat einen neuartigen Akku entwickelt, der in Bürogebäuden und anderen Gewerbeimmobilien ein effizienteres Energiemanagement ermöglichen soll. Das System des Start-ups Stem ist clever genug, vorherzusehen, wann es sich lohnt, Strom zu speichern – und wann dieser wieder abgegeben werden sollte. Dazu orientiert sich die eingesetzte Verwaltungssoftware am aktuellen Strompreis und kann blitzschnell auf Änderungen reagieren.

Ein Gebäudebesitzer kann potenziell viel Geld sparen, indem er Energienutzungstrends analysiert und beispielsweise die Klimatechnik passend reguliert. Stem, das im kalifornischen Millbrae seinen Sitz hat, kombiniert diese "Big Data für Immobilien"-Idee mit einem Stromspeicher, der direkt in der Immobilie sitzt. Der Akkublock dient dabei nicht nur als Notstromaggregat. Stattdessen soll er sicherstellen, dass eine Immobilie stets die billigste Form von Energie nutzt – gespeichert oder direkt aus dem Netz.

Das System nutzt Algorithmen aus der Finanzmathematik, um genaue Vorhersagemodelle zu erstellen, wie sich der Energiebedarf eines Gebäudes stündlich entwickeln könnte. Der Akku kann sofort einspringen, sobald sich die Strompreise zur Spitzenlastzeit erhöhen. Gleichzeitig lassen sich vertraglich mit manchen Stromversorgern vereinbarte Zuschläge vermeiden, die anfallen würden, wenn ein Gebäude sein ihm zugewiesenes Energiebudget überschreitet.

"So etwas wäre vor fünf oder sechs Jahren noch gar nicht möglich gewesen. Für jede einzelne Installation rechnen wir täglich Millionen von Bedarfssimulationen durch", erläutert Stem-Gründer Brian Thompson, der als IT-Experte schon große E-Commerce-Installationen entwickelt hat.

Die Stem-Akkus sind relativ einfach aufgebaut: Es handelt sich um Lithium-Ionen-Zellen aus dem Automobilbereich, die mit einer Steuerelektronik ausgestattet sind, die schnell zwischen einer Mitversorgung des Gebäudes und einem reinen Ladezustand wechseln kann. Der Hauptteil der dafür notwendigen Analysen wird im Internet durchgeführt und dann an das lokale System gesendet, das wiederum Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens einsetzen kann, um die Vorhersagemodelle zu verbessern. Das System kann größer oder kleiner sein, je nachdem, wie viele Zellen verwendet werden. Auch Mini-Installationen, die kaum größer sind als ein Kühlschrank, sind für kleinere Betriebe denkbar.

Stem ist nicht das einzige Unternehmen, das versucht, aus den sich täglich ändernden Strompreisen für Geschäftskunden, wie sie in den USA und auch in Europa zunehmend angeboten werden, Kapital zu schlagen. Das Start-up, das ursprünglich an der Wharton Business School erdacht wurde, plante anfangs auch, Solarzellen mit Zwischenspeichern zu kombinieren. Doch die Idee wurde zugunsten eines einfacheren Systems verworfen.

In Kalifornien müssen Gewerbekunden ein komplexes System an Tarifen durchschauen, das dazu dient, die Spitzenlast im Netz zu reduzieren. Solche Modelle machen Preissimulationen lohnenswert: Mit dem Stem-System sollen Kunden ohne Veränderung ihres Nutzungsverhaltens trotzdem zwischen 5 und 15 Prozent sparen können.

Akkumulatoren im Gebäude könnten auch dem Stromnetz als Zwischenspeicher dienen. Dies kann die Stabilität des Gesamtsystems erhöhen und erneuerbare Energieformen wie Wind und Sonnenenergie befördern, die nicht ständig Strom liefern. Die Stromanbieter nutzen schon seit längerem Akkusätze im Netz, um Bedarfsspitzen abzufedern, doch steht die Technik noch am Anfang, weil sie recht teuer ist.

Ein Netzwerk kleiner computerisierter Zwischenspeicher, die die Stromrechnung in Gebäuden senken sollen, könnte eine Lösung sein, wie Stem-Gründer Thompson meint. Ein Hotel mit rund 100 Räumen benötige nur eine Installation mit einer Kapazität von 50 bis 100 Kilowattstunden. Das entspricht ungefähr dem zwei bis vierfachen an Leistung, die in einem Elektroauto wie dem Nissan Leaf stecken.

"Die Preise für Akkuzellen und die Rechenzentrumskosten sinken genauso schnell wie die für Bandbreite und Datenanalyse. Entsprechend werden wir in Zukunft solche Geräte in nahezu jedem Gebäude der Erde sehen", ist Thompson überzeigt. Das werde vielleicht noch 20 bis 30 Jahre dauern. "Diese Systeme werden uns erlauben, den Anteil erneuerbare Energie auf 100 Prozent zu steigern."

Kurzfristig versucht Stem zunächst, Firmen in Kalifornien und der amerikanischen Ostküste für sich zu gewinnen – überall dort, wo es komplexe Preisstaffelungen für Geschäftskunden gibt. Momentan laufen Pilottests mit kleinen und mittleren Betrieben in rund 20 Industrien.

Über die Netzbetreiber will man das System explizit nicht anbieten. Der Direktverkauf könnte allerdings zäh werden, meint Jaideep Raje, Analyst bei Lux Research. Energie-Start-ups benötigten normalerweise einen Partner aus der Industrie, um ernstgenommen zu werden und einen besseren Kundenzugang zu erhalten. "Clevere Investoren würden sagen, dass große Stromversorger oder industrielle Player wie Honeywell oder Johnson Controls die Gewinner dieses Marktes werden." (bsc)