Internationale Energieagentur wirbt fürs Stromsparen

Die Agentur der OECD konzentriert sich in ihrem jährlichen weltweiten Energieausblick auf Effizienz. Der Energieverbrauch müsse weiter deutlich gesenkt werden, um dem Klimawandel zu begegnen.

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Die Internationale Energieagentur (IEA) beklagt in ihrem Welt-Energieausblick 2012, dass die ökonomischen Potenziale von Energieeinsparungen kaum ausgeschöpft würden. IEA-Chefökonom Fatih Birol sagte in Berlin, mit den bestehenden technischen Möglichkeiten und einer klügeren Politik könne der Verbrauch in der Industrie um 40, im Transport- und Verkehrswesen um 38 und bei der Stromerzeugung um knapp 20 Prozent gesenkt werden. Mit relativ einfachen Mitteln könne die Energieversorgung gesichert und ein weiterer drastischer Klimawandel verhindert werden.

Mit ökonomisch sinnvollen Energiesparungen, deren Kosten binnen vier oder fünf Jahren wieder eingespielt sein würden, könne die Wachstumsrate beim Energiebedarf bis 2035 bei gleichem Lebensstandard halbiert werden, führte Birol aus. Bisher hätten aber nur Deutschland und Japan die Weichen richtig gestellt.

Durch eifriges Energiesparen in der ganzen Welt verlängere sich das Fenster, in dem der Ausstoß von Treibhausgasen gesenkt und das internationale Ziel, um fünf Jahre die Erwärmung der Erdatmosphäre auf 2 °C zu begrenzen, weiter ernsthaft verfolgt werden könne, rechnete Birol vor. Selbst wenn keine neuen Kraftwerke oder Autos mehr gebaut würden, gebe es andernfalls nur noch bis 2017 Zeit, um den Punkt zu verhindern, ab dem sich die Temperatur weltweit unaufhaltsam erhöhe.

Birol plädiert auch für weitere Subventionen für erneuerbare Energien. Er verstehe angesichts des Spardrucks in vielen Ländern die Bedenken gegen staatliche Hilfen. Aber wenn die junge Solar- und Windenergie-Industrie absterbe, werde sie kaum je wieder auf die Beine kommen. Generell werde China in den kommenden Jahren vor Europa, Japan und den USA bei den "Erneuerbaren" führen. Gleichzeitig werde China größter Energieverbraucher und seinen Bedarf zu einem Drittel mit Kohle decken.

In den USA werde schon sehr bald eine bislang "stille Revolution" sichtbar, meinte Birol. Vor allem mit der Fracking-Methode, bei der durch hohen hydraulischen Druck im Gestein künstliche Risse erzeugt werden, steige die Öl- und Gasförderung in den USA sowie auch in Kanada deutlich an. 2017 würden die USA größter Ölproduzent der Welt und Saudi-Arabien vom Thron stoßen. Bei der Gaserzeugung könnten sie Russland schon 2015 überholen. Angesichts zusätzlicher moderater Vorgaben zum Spritsparen im Autoverkehr dürften die USA so binnen weniger Jahre nicht mehr auf den Import fossiler Energien angewiesen sein.

"Bis 2035 gehen 90 Prozent der Ölproduktion aus dem Nahen Osten nach Asien", erläuterte Birol. Dort werde vor allem Treibstoff für Lastwagen gebraucht. China habe vor allem Irak daher als Investitionsland im Visier. Irak, das im Gegensatz zu seinen Nachbarn einem freien Kapitalfluss offen gegenüberstehe, werde bis 2020 seine Ölförderung verdoppeln und den Preis dafür 15-mal günstiger halten können als vergleichbare Länder.

Diese Entwicklungen im Vorderen Orient und in Nordamerika "verändern die Fundamente des globalen Energiesystems", erklärte Birol. Die US-Wirtschaft werde davon deutlich profitieren: Das Handelsdefizit werde kleiner, der Dollar stärker, wenn die USA weitere anstehende Herausforderungen meisterten. Die Strompreise in der EU würden dagegen bald 15 Prozent höher liegen als in den USA und fast 50 Prozent höher als in China. Nur in Japan werde Energie noch teurer sein. Die betroffenen Länder würden im internationalen Wettbewerb benachteiligt, da auch die Kaufkraft der Verbraucher beeinträchtigt werde. Der Ölpreis werde dagegen zunächst eher sinken.

Mit 1,3 Milliarden Menschen hätten derzeit rund 20 Prozent der Weltbevölkerung vor allem in Ländern südlich der Sahara und rund um Bangladesch keinen Strom. Dies stellt für Birol ein "wirtschaftliches, soziales und eventuell auch moralisches Problem" dar. Auch nehme der Wasserbedarf für die Energieerzeugung zu, was die Situation gerade in Schwellenländern verschärfe.

Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung forderte angesichts des Berichts, Subventionen für fossile Energieträger weltweit abzuschaffen, den Kohlendioxid-Ausstoß global zu bepreisen und den europäischen Emissionshandel zu reformieren. "Energieeffizienz und die Erneuerbaren werden allein nicht dazu führen, dass die globalen Emissionen abnehmen", betonte der Edenhofer. "Die globale Treibhausproblematik wird immer drängender", meinte auch Peter Blauwhoff, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Shell Holding. Deutschland dürfe das neue "goldene Erdgaszeitalter" nicht verschlafen. Biokraftstoffe wie das hierzulande mit Akzeptanzproblemen kämpfende Super E10 könnten einen Beitrag zur Energiewende leisten. Eine aufgeheizte Debatte führe hier nicht weiter.

Siehe dazu auf TR Online:

(anw)