BGH-Urteil zum Filesharing: Eltern haften bei Belehrung nicht

Eltern müssen für den illegalen Musiktausch eines minderjährigen Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind ausreichend über das Verbot einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt haben.

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Von
  • Holger Bleich

Eltern müssen für den illegalen Musiktausch eines minderjährigen Kindes grundsätzlich nicht haften, wenn sie das Kind ausreichend über das Verbot einer Teilnahme an Internettauschbörsen belehrt haben. Diese richtungsweisende Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe.

Im konkreten Fall ging es um eine Familie mit drei im Haushalt lebenden Kinder im Alter von 13, 15, und 19 Jahren. Vier große Unternehmen aus der Musikindustrie hatten dem Familienvater 2008 wegen Urheberrechtsverletzungen abgemahnt und Unterlassung sowie die Zahlung von rund 2380 Euro Abmahngebühren und 3000 Euro Schadensersatz verlangt. Die Anschlussdaten zur ermittelten IP-Adresse hatten sie über Akteneinsicht im Strafverfahren erhalten.

Ebenfalls im Rahmen dieses Verfahrens war das Haus der Familie durchsucht und der PC des 13-jährigen Sohnes beschlagnahmt worden. Auf dem Computer hatten sich die P2P-Clients Morpheus und Bearshare sowie 1147 offensichtlich heruntergeladene Musikdateien teilweise in den Ordnern "My Music" und "Papas Music" befunden. Der Sohn räumte später ein, die Tauschbörsenprogramme genutzt zu haben. Wörtlich hatte er zu Protokoll gegeben: "Ich wusste nicht, dass das so schlimm ist. Ich konnte mir auch gar nicht vorstellen, erwischt zu werden."

Der Familienvater, ein Chefarzt, unterschrieb die Unterlassungserklärung, weigerte sich aber zu bezahlen. Die anschließenden Klage am Landgericht (LG) Köln (Az. 28 O 716/10) sowie die Berufung am Oberlandesgericht (OLG) Köln (Az. 6 U 67/11) verlor er. "Die Beklagten traf als Eltern ihres damals minderjährigen Sohnes die Aufsichtspflicht. Sie haben deswegen den durch die Verletzungshandlung entstandenen Schaden zu ersetzen", hatte das OLG im März 2012 entschieden.

Dem Gericht zufolge hatten die Eltern zwar Schutzmaßnahmen ergriffen und die Nutzung kontrolliert, dies aber offensichtlich unzureichend, weil es sonst nicht zu der Rechtsverletzung kommen wäre. So habe der Sohn nach eigener Aussage bereits im Oktober 2006 die P2P-Programme installiert, aber den Eltern sei dies trotz monatlicher Kontrollen des PCs bis Januar 2007 nicht aufgefallen, obwohl die Icons bei Beschlagnahme auf dem Windows-Desktop zu sehen waren.

Der BGH hob dieses Urteil nun auf, die Klage der Musikfirmen wurde abgewiesen. Nach Ansicht des BGH genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern dem BGH zufolge erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben. (hob)