EU-Kommission pocht auf Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung

Die Brüsseler Behörde hat 19 Mitgliedstaaten abgemahnt, weil sie die EU-Vorgaben zur verdachtsunabhängigen Aufbewahrung von Nutzerspuren noch nicht ins nationale Recht umgesetzt haben. Deutschland gehört zu den acht Vorreitern.

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Die EU-Kommission hat 19 Mitgliedstaaten offiziell gerügt, weil sie die heftig umstrittenen EU-Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten noch nicht ins nationale Recht umgesetzt haben. Erst acht von 27 EU-Staaten hätten entsprechende Gesetze beschlossen und nach Brüssel gemeldet, wie die Kommission am heutigen Donnerstag laut dpa mitteilte. Alle säumigen Länder hätten deshalb schon Ende November Mahnbriefe erhalten. Deutschland gehört inzwischen zu den mustergültigen Vorreitern: Hier traten die heiß umkämpften Verpflichtungen zur sechsmonatigen Aufzeichnung von Nutzerspuren im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung an Neujahr trotz heftiger Proteste von vielen Seiten in Kraft. Allerdings haben Gegner – ausgerüstet mit rund 30.000 Vollmachten besorgter Bürger – Verfassungsbeschwerde gegen die Novelle eingelegt.

Der EU-Rat mit den Vertretern der nationalen Regierungen hatte die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung Ende Februar 2006 abgesegnet. Zuvor hatte das EU-Parlament die Direktive mit den Stimmen der großen Volksparteien bereits im Dezember 2005 beschlossen. Sie lässt den Mitgliedsstaaten gewissen Spielraum bei der Implementierung. So legt sie die Minimaldauer für die verdachtsunabhängige Vorhaltung von Verbindungs- und Standortdaten auf sechs Monate, die Höchstfrist auf zwei Jahre fest. Irland und die Slowakei stimmten im Ministerrat gegen die Richtlinie, da ihnen die Vorgaben in jede Richtung zu eng erschienen. Die irische Regierung legte in Folge Klage gegen die Regelungen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein. Sie beruft sich darauf, dass die Strafvorschriften auf Basis einer falschen EU-Rechtsgrundlage beschlossen wurden.

Branchenverbände, Datenschützer, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie linksliberale Politiker kritisierten im Vorfeld auf EU-Ebene den mit der Vorratsdatenspeicherung einhergehenden Paradigmenwechsel im Strafrecht scharf. Ihrer Ansicht nach begründet die Maßnahme einen Generalverdacht auch gegenüber Unschuldigen. Vollzug gemeldet haben nach Kommissionsangaben bisher nur Frankreich, Großbritannien, Spanien, Belgien, Lettland, Dänemark, Tschechien und Estland. Ende vergangenen Jahres lag eine Umsetzungsmeldung aus Berlin nicht vor, so dass auch die Erinnerungsnote auch an die Bundesregierung ging. Das Schreiben konnte inzwischen aber zu den Akten gelegt werden.

Das Vereinigte Königreich hat die Vorgaben derweil bislang nur zum Teil umgesetzt. So hat die dortige Labour-Regierung den gesamten Internetbereich von der beschlossenen einjährigen Vorratsdatenspeicherung ausgenommen. Das britische Innenministerium begründete diese Entscheidung damit, dass eine Einbeziehung der Internetdaten nicht angemessen gewesen wäre. Als Gründe nannte es "spezielle technische Probleme" und Ressourcenengpässe bei Zugangsanbietern. Hierzulande gilt eine einjährige "Schonfrist" für Internetprovider. Generell greifen Bußgelder bei einem Verstoß gegen die Bestimmungen erst 2009. (Stefan Krempl) / (pmz)