US-Republikaner fordern umfangreiche Copyright-Reform

Ein Diskussionspapier eines einflussreichen Gremiums der "Grand Old Party" kritisiert das gegenwärtige Urheberrechtssystem als wirtschaftsfeindliches Instrument und drängt auf eine deutliche Verkürzung von Schutzfristen.

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In den USA gibt es erstmals Bestrebungen in einem Teil des etablierten Parteiensystems, das dortige Urheberrecht grundlegend zu erneuern und ans Internetzeitalter anzupassen: Ein Diskussionspapier der Republikaner kritisiert das gegenwärtige Schutzregime scharf als wirtschaftsfeindliches Instrument. "Das aktuelle Copyright-Gesetz stört nicht nur einige Märkte – es zerstört ganze Märkte", lautet das Resümee der neunseitigen, jetzt vom Abgeordneten Jim Jordan veröffentlichten Abhandlung. Gefordert wird daher unter anderem eine deutliche Verkürzung von Schutzfristen.

Das Papier stammt vom Republican Study Committee (RSC), einem einflussreichen, über 170 Volksvertreter einschließenden Studienkreis, der traditionell die Kernwerte der "Grand Old Party" (GOP) definiert und hochhält. Im Kern geht es den Verfassern eigenen Angaben zufolge darum, Rechte an immateriellen Gütern wie das Copyright oder den Patentschutz nicht abzuschaffen, sie aber wieder an den Zielen der US-Verfassung auszurichten. Die gesetzgeberischen Diskussionen über Reformen sollten sich demnach daran orientieren, was den "Fortschritt der Wissenschaften und der angewandten Künste" maximal fördert. Falsch sei es dagegen, nur auf die größtmögliche finanzielle Vergütung zu schielen.

Das Gremium setzt sich so mit einigen "Mythen" rund ums Copyright auseinander und versucht sie zu entzaubern. Es gehe häufig nicht um die Entschädigung der Schöpfer und Künstler, sondern um die der Rechteverwerter, konstatieren die Republikaner. Das Urheberrechtssystem sei alles andere als "freier Marktkapitalismus", da es sich um ein gesetzlich festgesetztes Monopol handle. Wegen der bislang verfolgten ständigen Ausweitung der Schutzdauer führe das Copyright auch nicht zu größtmöglicher Innovation und Produktivität, sondern behindere diese in vielen Bereichen. Anreize zum Schaffen neuer Werke würden damit geradezu abgetötet. Auch die Verbraucher litten darunter.

Konkret habe das Copyright-Paradigma in den USA das Entstehen einer lebendigen "DJ-Remix-Industrie" stark verzögert, beklagen die GOP-Vordenker. Die wissenschaftliche Forschung werde genauso behindert wie der Aufbau einer großen öffentlichen, auch digital verfügbaren Bibliothek. Wirtschaftszweige, die einen "Mehrwert" rund um bestehende Medien wie Filmen oder Musikstücken schaffen wollen, hätten es schwer. Am gefährlichsten seien die Auswirkungen des Systems, wenn mit dem Verweis auf das Copyright sogar historische Dokumente in den Schubladen gehalten werden könnten, um das Veröffentlichen strafrechtlich relevanter Informationen zu verhindern. Dies bedrohe die legitime Arbeit der Presse und die öffentliche Kontrolle von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Als Abhilfe schlägt das RSC vor, das Copyright nur noch für registrierte Werke anzuerkennen und die erste Schutzfrist auf 12 Jahre drastisch zusammenzustreichen. Danach sollen Urheberrechte nur noch bis zu maximal 46 Jahren mit gestaffelten Kosten für den Verwerter geltend gemacht werden können: so würden während der letzten zehnjährigen Laufzeit etwa 10 Prozent von den gesamten Einnahmen des Rechteinhabers abgezogen. Derzeit erstreckt sich in den USA und in Europa der Schutz 70 Jahre über den Tod des Schöpfers hinaus.

Ferner spricht sich der Studienkreis dafür aus, die gesetzlich festgesetzten, derzeit vergleichsweise hohen Schadensersatzansprüche bei Copyright-Verletzungen deutlich zu reduzieren und das Geltendmachen falscher Ansprüche zu bestrafen. Parallel sollen die Nutzerrechte im Rahmen der "Fair use"-Klausel ausgeweitet werden. Insgesamt müsse wieder eine Balance zwischen den Rechten verschiedener Interessengruppen hergestellt werden, betont das Pamphlet. Dabei sei zu bedenken, dass die Auswirkungen des Systems auf die Volkswirtschaft derzeit nur zum Teil bekannt seien und die Schäden dafür viel größer sein könnten als angenommen.

[Update 18.11.12, 14:00 Uhr]: Paul Teller, Direktor des RSC, hat das Papier inzwischen zurückgezogen. Es sei ohne "ausreichende Prüfung" innerhalb des Komitees versandt worden und verfehle die üblichen Anforderungen an vergleichbare Materialien, begründet er sein Eingreifen. Eine Copyright-Reform hätte weitreichende Auswirkungen, sodass in die Vorbereitungen dazu alle Fakten und Gesichtspunkte einfließen müssten. Als eigentlicher Verfasser hat sich auf Twitter der RSC-Mitarbeiter Derek Khanna bezeichnet. Es sei um eine reine Ideensammlung gegangen, meint der Republikaner nun. Er hoffe, dass damit im Interesse der Innovation eine Reihe von Diskussionen angestoßen würden. (ea)