Zwang zum Sparen

Ausgerechnet aus Großbritannien, dem Mutterland der Deregulierung und Privatisierung, kommt ein interessanter Vorschlag zur Bekämpfung der Energiearmut.

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Ausgerechnet aus Großbritannien, dem Mutterland der Deregulierung und Privatisierung, kommt ein interessanter Vorschlag zur Bekämpfung der Energiearmut.

Was ist eigentlich aus der Energiearmut geworden? Noch vor einigen Wochen beherrschte der unaufhaltsam steigende Strompreis die Schlagzeilen: Sozialverbände und Politiker beschworen das düstere Bild verarmter Familien herauf, die in kalten, dunklen Wohnungen sitzen müssen, weil sie ihre Stromrechnungen nicht mehr zahlen können – und die versammelte Politik stellte umgehenden Handlungsbedarf fest. Und? Was ist daraufhin passiert? Nichts! Ist das Problem plötzlich irrelevant geworden?

Nein, ist es nicht. 600.000 Haushalten in Deutschland ist bereits im vergangenen Jahr der Strom abgestellt worden. Logischerweise werden das mehr, wenn der Strompreis steigt – und er wird steigen, das ist sicher. Was also tun? Die böse, teure Energiewende einfach wieder abschaffen, wie es die FDP vorgeschlagen hat? Mit billigem Braunkohle- und Atomstrom heizen? Ist auch nicht so richtig populär, wenn man den Umfragewerten glauben will.

Ausgerechnet aus Großbritannien, dem Mutterland der Deregulierung und Privatisierung kommt nun eine interessante Idee: Der britische Energieminister, Ed Davey, will die Energieversorger verpflichten, künftig pro Energieträger nur noch vier Tarife anzubieten – einen zeitlich variablen Tarif, einen Alles-Inklusive-Tarif und zwei frei wählbare Bezahlmodelle (wie zum Beispiel Ökostrom). Außerdem sollen die Unternehmen verpflichtet werden, den Kunden jeweils den günstigst möglichen Tarif anzubieten. Das heißt beispielsweise, wenn ein teurer Vertrag ausläuft und das Unternehmen mittlerweile einen günstigeren Tarif anbietet, muss es den Kunden automatisch in diesen Tarif übernehmen und kann nicht einfach den teuren Vertrag verlängern, wenn der Kunde sich nicht rührt – eine bisher wohl durchaus gängige Praxis. Das Energieministerium schätzt, dass pro Haushalt und Jahr Einsparungen zwischen 70 und 150 Pfund möglich wären.

So einfach kann das gehen.

Bisher ist das allerdings nur ein Vorschlag – ob sich Davey gegen den größeren Koalitionspartner durchsetzen wird, ist noch fraglich. Kritiker befürchten zudem, dass die Versorgungsunternehmen generell die Tarife anheben werden, um die Verluste anderweitig wieder reinzuholen. Geschenkt. Wie sagte meine Oma immer so schön? „Wer mit dem Teufel essen will, braucht einen langen Löffel“.

Was ich an der Initiative so bemerkenswert finde, ist der Wille, systematische Abzocke zu regulieren. Und die Idee, dass man die Versorgung mit lebenswichtigen Gütern wie Energie eben nicht nur dem Markt überlassen kann. Wenn sich diese Gedanken durchsetzen, sind wir einen ganzen Schritt weiter. (wst)