Double-opt-in-Verfahren unzulässig?

Das OLG München bringt mit einem aktuellen Urteil einen Großteil der Unternehmen in Schwierigkeiten: es hat das in der Praxis gängige Double-opt-in-Verfahren als unzulässige Werbung verurteilt.

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Von
  • Marzena Sicking

Unternehmen dürfen Werbung per E-Mail nur an die Verbraucher verschicken, die diesem Versand zuvor ausdrücklich zugestimmt haben. Wer die Zustimmung nicht vorweisen kann, läuft Gefahr, wegen des Versands von unzulässiger Werbe-Mails verklagt zu werden.

Um sich rechtlich abzusichern, setzen die meisten Anbieter deshalb auf das so genannte Double-opt-in-Verfahren. Nachdem der Verbraucher den Newsletter abonniert bzw. bei einer Bestellung dem entsprechenden Informationsversand ausdrücklich zugestimmt hat, bekommt er noch mal eine E-Mail in der er um eine Bestätigung des Abonnements gebeten wird. Damit soll auch sichergestellt werden, dass der Newsletter tatsächlich vom Inhaber der eingetragenen E-Mail-Adresse und nicht von einem Dritten bestellt wurde. Doch damit soll laut einem aktuellen Urteil (vom 27.9.2012, Az.: U 1682/12) des Oberlandesgerichts München jetzt Schluß sein.

In dem verhandelten Fall ging es um eine Steuerberatungsgesellschaft die zwei Bestätigungsmails für das Abonnement eines Newsletters erhalten hatte. In der ersten Nachricht wurde sie gebeten, einen Link anzuklicken und damit zu bestätigen, dass sie den Bezug der Informationen wirklich wünscht. In der Nachricht hieß es außerdem "Sollte das aber ein Fehler sein, so bitten wir Sie, diese Mail einfach nur zu löschen“. Und obwohl sie den Newsletter weder bestellt noch das angebliche Abonnement bestätigt haben will, erhielt die Kanzlei am darauffolgenden Tag den Hinweis, dass ihre E-Mail-Adresse nun erfolgreich für den Newsletterversand hinterlegt worden ist.

Die Steuerberatungsgesellschaft sah darin einen Wettbewerbsverstoß und einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und forderte den Versender der Mails (einen Anlageberater) auf, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Außerdem stellte sie dem Unternehmen Anwaltskosten in Höhe von 555,60 Euro in Rechnung. Der Versender unterschrieb nicht, der Fall ging vor Gericht. Das Landgericht hatte die Klage des Steuerberatung abgewiesen, doch die dagegen gerichtete Berufung hatte zum Teil Erfolg.

Wie die Richter am OLG München feststellten, ist der Unterlassungsanspruch gerechtfertigt. Allerdings handle es sich nicht um einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, da die beiden Unternehmer in keinem konkreten Wettbewerbsverhältnis stünden. Den Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB sahen die Richter allerdings als erwiesen an. Einen solchen stelle die Zusendung einer Werbe-E-Mail ohne vorherige Einwilligung des Adressaten dar.

Wie die Richter erklärten, würde unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung regelmäßig den Betriebsablauf des Unternehmens beeinträchtigen, da mit deren Sichten und Aussortieren ein zusätzlicher Arbeitsaufwand verbunden sei. Auch könnten Kosten für die Herstellung der Online-Verbindung und die Übermittlung der E-Mail durch den Provider anfallen. Bei den zugesandten Bestätigungs-E-Mails handelt es sich nach Auffassung der Richter um unerlaubt zugesandte Werbe-Mails. Denn der Versender trage die Darlegungs- und Beweislast für die Einwilligung. Dafür müsse die konkrete Einverständniserklärung jedes einzelnen Verbrauchers vollständig dokumentiert sein. Eine elektronisch übermittelte Einverständniserklärung müsse gespeichert werden. Außerdem stellten die Richter fest, dass "Verfahren, bei denen unklar ist, ob eine Einverständniserklärung tatsächlich von dem angerufenen Verbraucher stammt, für den erforderlichen Nachweis ungeeignet sind".

Tatsächlich konnte der Anlageberater eine ausdrückliche Einwilligung der Klägerin nicht vorlegen, sondern hatte lediglich behauptet, dass diese sich auf seiner Internetseite unter Angabe ihrer E-Mail-Adresse für das Newsletter-Abonnement angemeldet habe.

Nach Auffassung der Richter gilt auch eine E-Mail, mit der zur Bestätigung einer Bestellung im Double-opt-in-Verfahren eingefordert werden soll, als Werbung und fällt ohne die Zustimmung des Empfängers unter das Verbot des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Dafür sei es nicht erforderlich, dass die E-Mail eine direkte Werbebotschaft enthält. Wegen des "unzumutbar belästigenden Charakters" derartiger Werbung gegenüber dem Empfänger sei die Übersendung solcher Werbe-E-Mails ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung grundsätzlich rechtswidrig.

Dem Unternehmer wurde es untersagt, solche Werbemails an die Klägerin zu verschicken. Bei Zuwiederhandlung droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall sogar von bis zu zwei Jahren.

Immerhin: Die Unterlassungsklage bezüglich der zweiten Mail, die die Eintragung in den Newsletter nochmals bestätigte, wurde abgewiesen. Denn wie der Anlageberater nachweisen konnte, handelt es sich um ein automatisiertes Verfahren. Irgendjemand in der Steuerkanzlei muss also auf den Link in der ersten E-Mail gedrückt haben, sonst wäre die Bestätigung nicht rausgegangen.

Bleibt noch die Frage, wie Unternehmen in Zukunft eine ausdrückliche und nachweisbare Einwilligung des angeblichen Abonnenten einholen sollen, wenn das bislang gängige Double-opt-in-Verfahren dafür nicht mehr geeignet sein soll. (gs)
(masi)