Obama tritt für mehr Datenschutz und Netzneutralität ein

Der Aufsteiger der Demokraten, der in Iowa überraschend den Caucus zur Kür der US-Präsidentschaftskandidaten gewonnen hat, will das Prinzip des offenen Internet erhalten und sieht das Verbot zum Umgehen von Kopierschutzverfahren kritisch.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 225 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.

Barack Obama, der überraschende Gewinner beim Caucus in Iowa zur Kür des demokratischen US-Präsidentschaftskandidaten, ist ein Verfechter des Prinzips des offenen Internet. Zugleich sieht der 46-jährige Aufsteiger aus Chicago, der sich als Hoffnungsträger der USA inszeniert und vielfach als neuer, dunkelhäutiger John F. Kennedy gehandelt wird, das Verbot zum Umgehen von Kopierschutzverfahren kritisch und tritt im Bereich innere Sicherheit Forderungen für eine Verschärfung der Kommunikationsüberwachung entgegen. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die der US-Brachendienst News.com unter Anwärtern auf den Einzug ins Weiße Haus zur Netzpolitik durchgeführt hat.

Laut Obama sollen die USA bei der Breitbandverbreitung eine Führungsrolle einnehmen. Jedem US-Bürger müsse neben einem Telefonanschluss auch ein Hochgeschwindigkeitszugang zum Internet zustehen. Davon erhofft sich der Aufsteiger eine Anreicherung des demokratischen Diskurses, die Förderung des Wettbewerbs und Vorteile für Verbraucher. Auch das Funkspektrum solle besser genutzt werden. Zugleich stellt sich Obama als Verfechter einer gesetzlichen Festschreibung der Netzneutralität dar: "Das Internet ist das offenste aller Netzwerke, die wir geschichtlich bislang kennen. Wir müssen das so beibehalten." Er werde es Zugangsanbietern daher untersagen, Netze mit unterschiedlichen Serviceklassen aufzubauen. Das Vorhaben mancher Telcos, Inhalte und Dienste mit einer Art Maut zu belegen, könnte Innovation und Meinungsfreiheit behindern.

Eine klare Position hat Obama, der seinen Sieg schon am Dienstag in New Hampshire und vor allem am 5. Februar beim "Super Tuesday" in Staaten wie Kalifornien oder New York gegen die starken Konkurrenten Hillary Clinton und John Edwards verteidigen muss, ferner beim Thema Datenschutz bezogen. Die auch in den USA maßgeblich von der US-Regierung im Kampf gegen die Kinderpornographie vorangetriebene Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten lehnt er ab. Weiter ist er gegen die Aufnahme einer Klausel in die Reform des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA), die privaten Überwachungshelfern von Sicherheitsbehörden wie der National Security Agency (NSA) Straffreiheit zusichern würde. Der FISA stellt die Regeln für Strafverfolger und Geheimdienste zum Abhören der internationalen Telekommunikation auf. Generell spricht sich der aufstrebende Präsidentschaftsanwärter aus Chicago für eine stringentere Linie beim Schutz der Privatsphäre in der Wirtschaft aus. Es seien branchenübergreifend Regeln für den Umgang mit Informationssammlungen von Firmen zu finden.

Anderweitig gelobte der selbsterklärte Gegner des Washingtoner Establishments, eine gründliche Überprüfung bestehender Verordnungen im Bereich der inneren Sicherheit durchführen zu lassen. Es gehe um die Wiederherstellung der Rechte Inhaftierter, die Schließung Guantanamos und die Stärkung der Gesetze zur Kontrolle der Geheimdienste.

Beim Urheberrechtsschutz vertritt Obama eine vergleichbar freizügige Position. Prinzipiell möchte er es Verbrauchern erlauben, zumindest eine Backup-Kopie aller erstandenen digitalen Produkte anzufertigen. Konkret sieht der Demokrat somit die Bestimmungen im Digital Millennium Copyright Act (DMCA) kritisch, die ein Umgehen von Kopierschutzmechanismen verbieten. In diesem Bereich unterscheidet sich Obama am stärksten von seinen unmittelbaren Mitbewerbern. So meint Clinton etwa pauschal: "Ein starker Copyright-Schutz und Bemühungen zur Bekämpfung der Piraterie sind von großer Bedeutung, um unsere Technologie-Industrien in einem globalen Marktplatz wettbewerbsfähig zu halten". Die Gattin von Ex-Präsident Bill Clinton würde zwar eine Evaluation des DMCA befürworten. Dabei dürfe es aber nicht um eine Herabstufung von Schutzverfahren gehen.

Edwards hält Möglichkeiten für Sicherungskopien nicht für entscheidend. Der Südstaatenvertreter ist aber der Ansicht, dass die Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums in eine bessere Balance mit den Bedürfnissen der Musik- und Filmwirtschaft sowie der gängigen Verbraucherfreiheiten gebracht werden müssen. Medienprodukte mit Kopierschutzverfahren sollten besser gekennzeichnet werden. Einig sind sich Ewards und Clinton mit Obama, dass die Breitbandförderung verbesserungswürdig, die Netzneutralität gesetzlich zu verankern und eine pauschale Vorratsdatenspeicherung unangemessen ist.

Die meisten Kandidaten der Republikaner antworteten nicht auf die Fragen zur Netzpolitik. Einer ihrer Favoriten, Senator John McCain, beschied, dass er ein starker Befürworter des Kampfs gegen den islamischen Fundamentalismus sei. Zugleich liege ihm aber der Schutz der Privatsphäre der US-Bürger am Herzen. Der alte Polithase sieht daher eine Straffreiheit für NSA-Lauschgehilfen kritisch, will sich ihr aber auch nicht entschieden verweigern. Bei den meisten anderen heißen Themen gibt sich McCain ebenfalls diplomatisch. Entschlossen tritt er allein gegen zusätzliche Steuern auf den elektronischen Handel sowie für eine Anfütterung von Online-Datenbanken für Sexualverbrecher etwa auch mit E-Mail-Adressen ein.

Von Mike Huckabee, dem unerwarteten Gewinner auf der Seite der Republikaner in Iowa, ist bekannt, dass er sich etwa von weiteren Befugnissen für die Geheimdienste eine Verbesserung der inneren Sicherheit verspricht. Islamistische Terroristen könnten seiner Ansicht nach "von CIA, US-Spezialeinheiten und den Streitkräften der Anti-Terror-Koalition aufgestöbert und ausgerottet werden, um die Welt von ihrer Geißel zu befreien". Einschnitte in die Aufklärungsvollmachten der Spione will der Baptistenprediger aus Arkansas daher rückgängig machen. (Stefan Krempl) / (anw)