"Cyber Monday 3": Europol und US-Heimatschutz beschlagnahmen über 100 Domains

Unter den beschlagnahmten Domains sollen Webshops erreichbar gewesen sein, die gefälschte Produkte oder Güter, die aus anderen Gründen den Markenrechtsinhabern missfallen, angeboten haben.

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Insgesamt 132 oder 133 Domains haben Behörden der USA und Europas am Cyber Monday, dem großen Online-Einkaufstag Nordamerikas, beschlagnahmt. Dies geht aus ähnlichen Pressemitteilungen von Europol und der US-Zoll- und Einwanderungspolizei ICE hervor. Unter den Domains sollen Webshops erreichbar gewesen sein, die gefälschte Produkte oder aber Güter, die aus anderen Gründen den Markenrechtsinhabern missfallen, angeboten haben. Dies könnten beispielsweise echte Produkte sein, die in einem anderen Wirtschaftsraum günstiger erstanden und dann in die EU respektive die USA eingeführt werden (Parallelimporte).

In den USA wurden bereits am dritten Cyber Monday in Folge Domains beschlagnahmt; entsprechend hießt die Aktion auch "Cyber Monday 3". Verdeckte Ermittler hatten Testkäufe getätigt und sich dann von den Markenfirmen bestätigen lassen, dass die Produkte illegal seien. Anschließend stellten US-Staatsanwälte Befehle zur Beschlagnahme von 101 Domains aus, deren Registries in den USA sitzen. Aus den Informationen geht nicht hervor, dass unabhängige Richter befasst worden seien.

Außerdem wurde eine Person festgenommen. Nach US-Medienberichten soll diese Person Kopien von Microsoft-Software auf einer Kleinanzeigenseite feilgeboten haben. Eine Unterlassungsaufforderung seitens Microsoft habe er ignoriert.

Darüber hinaus versuchten US-Beamte 175.000 Dollar auf einem Paypal-Konto zu beschlagnahmen. Die Kooperation von Paypal-Eigentümer eBay ist den Behörden sicher. "Wir könnten nicht höher erfreut sein über die Gelegenheit zur engen Zusammenarbeit mit dem HSI", wird ein eBay-Vertreter zitiert. HSI steht für Homeland Security Investigations (etwa Untersuchungsbüro für innere Sicherheit), was eine Abteilung der ICE ist, die wiederum zum Ministerium für Heimatschutz beziehungsweise innere Sicherheit (DHS) gehört.

HSI leitet das National Intellectual Property Rights Coordination Center (etwa Nationales Zentrum zur Koordinierung der Durchsetzung "Geistigen Eigentums", kurz IPR Center). Das IPR Center wird als "eine der wichtigsten Waffen der US-Regierung im Kampf gegen Fälschung und Piraterie" bezeichnet. Es arbeitet eng mit der "Task Force on Intellectual Property" des US-Justizministeriums zusammen.

Europol ist Mitglied des IPR Center und hat gemeinsam mit Behörden aus Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien und Rumänien die koordinierte Aktion unterstützt. In Europa lief sie unter dem Namen "Project Transatlantic" und führte laut ICE zur Beschlagnahme von 31 Domains unter den Top Level Domains .eu, .be, .dk, .fr, .uk und .ro. Dafür loben sich Europol und ICE einander gegenseitig.

ICE hat seit der berüchtigten "Operation In Our Sites" vor zwei Jahren nach eigenen Angaben insgesamt 1.630 Domains beschlagnahmt. Von den bis vorgestern 1.529 Domains sind aber nur 684 endgültig an die US-Regierung gefallen. Die übrigen Beschlagnahmen sind offenbar noch juristisch umstritten oder mussten rückgägnig gemacht werden. Da die Domaininhaber vor der Beschlagnahme nicht kontaktiert werden, können sie sich erst im Nachhinein zur Wehr setzen. Und das kann mitunter sehr schwierig sein und lange dauern.

Auch Domains, unter denen Linksammlungen erreichbar sind, werden in den USA immer wieder beschlagnahmt, insbesondere wenn die Links auf nicht autorisierte Live-Streams von Sportveranstaltungen verweisen. Nach EU-Recht unterliegen die meisten Sportveranstaltungen und ihre Direktübertragungen nicht dem Urheberrecht, wohl aber eingespielte Musik oder eingeblendete Logos.

Wer eine Website unter einer beschlagnahmten Domain aufzurufen sucht, sieht stattdessen eine behördliche Mitteilung. Dieser "Beschlagnahme-Banner" ist laut ICE bisher 110 Millionen Mal aufgerufen worden. Seit vergangenem Jahr werden auf diesem Weg auch behördliche Aufklärungsvideos verbreitet. (jk)