Computerwächter misst Hirnströme

Ein Militärforschungsprojekt kombiniert Menschen- und Maschinenintelligenz, um ein besonders sicheres Alarmsystem zu schaffen.

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Von
  • Lucas Laursen

Ein Militärforschungsprojekt kombiniert Menschen- und Maschinenintelligenz, um ein besonders sicheres Alarmsystem zu schaffen.

Wachdienstschichten in Firmen oder auf Militärbasen sind kein einfacherer Job. Die meiste Zeit über bekommt eine Sicherheitsperson nichts zu sehen. Wenn dann tatsächlich eine Gefahrensituation eintritt, ist diese oft nur schwer zu erkennen. Die US-Armee hat in einer Untersuchung herausgefunden, dass Testpersonen nach längerem Nichtstun nur in weniger als der Hälfte aller Fälle wichtige visuelle Signale wahrnehmen.

Ein Projekt der US-Militärforschungsbehörde DARPA versucht nun, menschlichen Wächtern bildgebende Verfahren zur Seite zu stellen, um ein besonders sicheres Alarmsystem zu schaffen. Dabei soll erstmals auch die unterbewusste Gefahrenwahrnehmung des Gehirns einbezogen werden. Im Labor existiert das sogenannte Cognitive Technology Threat Warning System (CTTWS) bereits. In Versuchen übertrumpfte es sowohl Mensch als auch Computer, wenn diese nur allein antraten.

Das CTTWS besteht aus einer Weitwinkelkamera und einem Radarsystem. Die gesammelten Aufnahmen bekommt der Mensch dann auf einem Bildschirm vorgesetzt. Parallel wird ein tragbares Hirnstrommessgerät verwendet, um die elektrische Aktivität seines Gehirns in Form eines Elektroenzephalogramms (EEG) zu überwachen. Dies erlaubt es dem System, zu erkennen, wenn das Gehirn unterbewusst rasche Szenenveränderungen wahrnimmt – ein sogenanntes P300-Ereignis.

Im Experiment mussten die Testpersonen Aufnahmen begutachten, die auf zwei Militäranlagen in der Wüste sowie im Regenwald aufgenommen wurden. Das Kombisystem erkannte 91 Prozent aller Gefahrensituationen – etwa, wenn ein Mensch sich zu Fuß näherte oder Fahrzeuge auf das geschützte Gelände fuhren. Es erweiterte außerdem den Blickwinkel, der von einer Person allein beobachtet werden konnte. Fehlalarme erhöhten sich dagegen nur um 0,2 Prozent. Der Computer alleine produzierte dagegen 35 Prozent mehr Falschtreffer. Kombiniert mit Radar, um Objekte zu sehen, die das menschliche Auge nicht wahrnehmen kann, stieg die Erkennungsgenauigkeit auf fast 100 Prozent.

"Das DARPA-Projekt unterscheidet sich von anderen "Human-in-the-loop"-Ansätzen, weil es das visuelle System des Menschen nutzt, ohne dass dieser dafür "arbeiten" müsste", erläutert Devi Parikh vom Toyota Technological Institute in Chicago, die bildgebende Verfahren untersucht, bei denen menschliche und maschinelle Intelligenz kombiniert werden.

Zwar sind EEG-Kappen zur Gehirnstrommessung mittlerweile für wenige 100 Euro erhältlich. Parikh warnt aber, dass die Technologie noch in einer frühen Phase steckt. P300-Signale könnten sich von Person zu Person stark unterscheiden, was wiederum ein zusätzliches KI-Training des Systems oder eine an den Nutzer angepasste Verarbeitung bedinge. Eine weitläufige Verwendung des Alarmsystems könnte dies erschweren, meint die Expertin. (bsc)