Google zur ITU-Konferenz: "Haltet das Internet frei und offen!"

Google warnt erneut vor Bestrebungen auf der Weltkonferenz zur internationalen Telekommunikation (WCIT), das Internet in die Kommunikationsregulierung durch die ITU einzubeziehen: Die Freiheit des Internet stehe auf dem Spiel.

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Von
  • Jürgen Kuri

Am heutigen Montag startet in Dubai die Weltkonferenz zur internationalen Telekommunikation (World Conference on International Telecommunications, WCIT). Dazu sieht sich Google veranlasst, erneut zu warnen, dass die Freiheit des Internets auf dem Spiel stehe. Einige Vorschläge für die WCIT könnten
Regierungen erlauben, die Zensur von legitimen Meinungsäußerungen zu rechtfertigen oder gar den Internet-Zugang in ihren Ländern zu beschränken oder abzuschneiden, lässt Google Vint Cerf, seines Zeichens Google-Vizepräsident und "Internet-Evangelist", formulieren.

Mit einer Weltkarte will Google die Unterstützung für seine Petition "Free and Open" zum Schutz des freien Internet illustrieren.

Seit 1973, als er und einige Kollegen die Technik hinter dem Internet vorschlugen, hätten sie sich für offene Standards für die Verbindung von Computer-Netzwerken eingesetzt, betont Cerf. Die Protokolle seien darauf ausgerichtet worden, die Netzwerke, die das Internet bilden, nicht-proprietär und interoperabel zu machen. Diese Offenheit sei es, durch die das Internet heutzutage so viele Wert erzeuge. Auf der WCIT, bei der die Regierungen der Welt hinter geschlossenen Türen verhandelten, stehe nun aber auch die Regulierung des Internet auf der Agenda, meint Cerf. Er verweist erneut auf Googles Kampagne Free and Open, mit der der Internet-Konzern User auffordert, für ein freies Internet zu unterschreiben. Google visualisiert das Ganze durch eine Weltkarte, die Unterstützer seiner Petition verzeichnet, und ein Video, dass Googles Position verdeutlichen soll.

Vom 3. bis 14. Dezember sollen auf der WCIT in Dubai die International Telecommunication Regulations (ITR), ein Völkerrechtsvertrag zu Grundsatzfragen der Telekommunikation, novelliert werden. Die ITR wurden zuletzt 1988 überarbeitet, sie legen die Regularieren sowohl zwischen Staaten als auch zwischen Carriern fest, die für ein reibungsloses Funktionieren der weltweiten Telefonie sorgen. Nach Vorstellung einiger an der ITU Beteiligten (sowohl Staaten als auch Telekommunikationsprovider) soll das Internet nun in die Regularien einbezogen werden; zudem stellen sich besonders die Carrier vor, das Prinzip des "Sender pays" und Quality of Service der Telefonnetze auf das Internet zu übertragen und damit die Netzneutralität auszuhebeln. Für die User wäre dann Internet nicht gleich Internet, der Netzanschluss würde den Bürger künftig nur noch mit einer virtuellen Welt verbinden, die sein Netzbetreiber konstruiert. Von einzelnen Staaten kommen zudem Begehrlichkeiten nach einer strengeren inhaltlichen Kontrolle des Internets, was etwa von den USA und den Vertretern der EU scharf zurückgewiesen wird.

Googles Kampagne anlässlich der geplanten Regulierungen ist allerdings wohl nicht nur als altruistische Aktion für die Freiheit der Internetnutzer zu verstehen. Mit der Regulierung des Internets und dem Einführen von Entgelten an Länder- und Netzgrenzen für Traffic-Verursacher würde Google an Einfluss verlieren und deutlich zur Kasse gebeten. Ähnlich könnte es anderen großen Internet-Unternehmen wie Facebook ergehen.

Kurz vor vor dem Start der WCIT hatte sich auch der Generalsekretär der International Telecommunication Union (ITU), Hamadoun Touré, noch einmal bemüht, Zensur- und Kontrolllust-Vorwürfen gegen seine Organisation entgegenzutreten. Andererseits sieht sich die ITU sich im Rahmen der aufgeheizten Debatten um den künftigen Telekommunikationsvertrag sogar Forderungen gegenüber, sie einfach ganz abzuschaffen.

Ein auch online verfügbarer Artikel in der aktuellen c't 26/2012 verdeutlichet Hintergründe und Interessenlagen zur World Conference on International Telecommunications:

Eine Themenseite versammelt die Berichte von heise online zur WCIT:

(jk)