So ein Armleuchter

Ein neues Konzept aus dem MIT Media Lab könnte Schreibtische in Touch Screens verwandeln und ein neues Interface für die Computernutzung werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Tom Simonite

Ein neues Konzept aus dem MIT Media Lab könnte Schreibtische in Touch Screens verwandeln und ein neues Interface für die Computernutzung werden.

Der Computer von heute ist keine hässliche graue Kiste mehr. Er ist ein Accessoire, das man in der Tasche mit sich trägt. Einige Tüftler überlegen bereits, wie man ihn ganz zum Verschwinden bringt – zum Beispiel, indem man ihn in einer Lampe unterbringt. Das ist die Idee von Natan Linder, einem Studenten am MIT Media Lab. Seine Konstruktion, mit der Rechner, Kamera und Projektor über ein Schraubgewinde in eine Lampenfassung passen, könnte ein ganz neues Interface für die Computernutzung werden. Ein Druck auf den Lichtschalter, und schon wird der Schreibtisch zum Touch Screen.

LuminAR nennt Linder sein Gerät, zu dem ihn die alte Kombination aus Schreibtischlampe und Schreibmaschine inspiriert hat. Es projiziert den Bildschirminhalt auf eine Tischplatte und erfasst, auf welche Stelle der Finger des Nutzers zeigt. LuminAR sei eine Art Augmented-Reality-System, sagt Linder. Ähnlich wie die neuen Brillen-Displays von Vuzix oder Google erweitert es die Umgebung des Betrachters, indem es das Blickfeld mit Bildern überlagert.

Man könnte das für ein überspanntes Gimmick halten. Doch Linders Apparat ist durchdacht. Mittels WLAN verbindet sich LuminAR mit dem Netz. Dass es Gesten deuten kann, funktioniert mit einer Software zur Objekterkennung, die in Teilen auf einem Cloud-Server läuft. Mit der eingebauten Kamera lässt es sich auch als Scanner verwenden.

Luminar projiziert das Display auf Oberflächen und erkennt die Gesten des Nutzers.

(Bild: MIT)

Auf diese Weise könnte man Gegenstände oder Magazinseiten fotografieren, indem man sie kurz unter die „Rechner-Lampe“ hält. Mit einem Fingertippen auf das auf der Tischplatte eingeblendete Display ließe sich das Bild dann direkt per E-Mail verschicken. „Besonders spannend finde ich, wie Ingenieure und Designer das System nutzen könnten“, sagt Linder. Gerade für Kreativberufe, die mit Papier und konkreten Gegenständen hantieren, eigne sich das Konzept.

Doch auch jenseits der Büros der Kreativwirtschaft könnte LuminAR Anwendungen haben. In einem Demo zeigt Linder, wie das System einen virtuellen Elektronik-Shop erzeugen soll. Man legt einige Digitalkameras auf den Tisch, die Software erkennt die Modelle und projiziert Preisschilder daneben. Über einen ebenfalls eingeblendeten Button ließen sich zusätzliche Produktinformationen abrufen. Eine andere Idee sind Skype-artige Video-Telefonate: Der Lampenschirm wird auf die Wand gerichtet, auf der dann das Bild des Gesprächspartners erscheint.

Der Prototyp verwendet zurzeit einen Snapdragon-Prozessor von Qualcomm, wie er auch in Smartphones oder Tablet-Rechnern eingesetzt wird. Zusammen mit Kollegen testet Linder, ob das Gerät besser mit dem Betriebssystem Linux oder mit dem mobilen Betriebssystem Android läuft.

In älteren Prototypen hatte Linder LuminAR auch mit einem Motor ausgestattet, um den Lampenschirm zu bewegen. Diese Konstruktion ließ er jedoch fallen, um das Gerät nicht unnötig komplex zu machen. Die jetzige Variante wäre billiger zu fertigen und leichter zu bedienen, sagt Linder. „Der Aufwand, sich auf das Gerät einzulassen, ist null. Sie müssen einfach nur die Glühbirne in ihrer Lampe auswechseln.“

Konferenzpaper zu LuminAR:
Natan Linder and Pattie Maes: "The design evolution of LuminAR: a compact and kinetic projected augmented reality interface" , Proceedings of the 2012 ACM annual conference on Human Factors in Computing Systems (CHI EA '12). ACM, New York, 1435-1436 (Abstract). (nbo)