3-D-Chip kontrolliert das Gehirn

Ein neues Gerät erlaubt Forschern, komplexe Aktivitätsmuster in Mäusehirnen zu erzeugen.

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Von
  • Courtney Humphries

Ein neues Gerät erlaubt Forschern, komplexe Aktivitätsmuster in Mäusehirnen zu erzeugen.

Die sogenannte Optogenetik kombiniert gentechnisch manipulierte Nervenzellen mit einer Lichtquelle, um selektiv Gehirnbereiche an- und auszuschalten. Das Verfahren hat sich im Tierversuch als äußerst interessant für die Neurowissenschaften erwiesen und könnte eines Tages auch zu neuartigen Therapieformen führen. Das Problem: Bislang werden die notwendigen Lichtstrahlen normalerweise nur an einzelne Punkte im Gehirn ausgeliefert, obwohl die Hirnaktivität aus einer komplexen Sequenz von Aktivierungen in verschiedenen Bereichen besteht.

Ein neuartiger 3-D-Chip soll die Optogenetik deshalb in die dritte Dimension führen – mit der Möglichkeit, Lichtmuster an Nervenzellen fast überall im Gehirn zu senden. "In den nächsten Jahren wird es zahlreiche dieser Geräte geben", glaubt Ilker Ozden, Forschungsdozent am Nanophotonics and Neuroengineering Laboratory der Brown University, der an ähnlichen Technologien arbeitet.

Das neue Gerät kommt von der Synthetic Biology Group am Media Lab des MIT. "Das Gehirn ist ein dreidimensionales Objekt", erklärt Ed Boyden, leitender Autor der neuen Studie. Bislang würden maximal zwei optische Fasern verwendet, um Teile der Nervenzellen zu steuern. Notwendig wäre hier aber deutlich mehr Kontrolle. Eine einzelne Lichtquelle sei so, als würde man nur eine Note spielen, sagt Boyden. "Ein 3-D-Chip erlaubt es uns, das Gehirn wie ein Klaviatur zu beherrschen."

Seit zwei Jahren versuchen Boyden und sein Team zusammen mit dem MIT-Labor von Clifton Fonstad deshalb, ein optogenetisches System zu bauen, das viele parallele Lichtpassagen aufweist. Ihr erster Ansatz war eine lineare Sonde mit sogenannten Wellenleitern, die es dem Licht erlauben, verschiedene Punkte entlang ihrer Gesamtlänge zu erreichen. Der neue 3-D-Chip geht einen Schritt weiter. Er besteht aus einem implantierbaren Block, der zahlreiche kleine Ausläufer besitzt. Jeder davon kann Licht in verschiedenen Tiefen abgeben. Das Boyden-Team verwendet dazu eine Laserlichtquelle und ein Array aus kleinen Spiegeln, um die Strahlen auf individuelle Wellenleiter zu lenken. So entsteht ein räumliches Muster, das über Mikrolinsen ins Gehirn fokussiert werden kann.

Noch ist der Chip nicht im Tierversuch getestet worden, aktuell sind die Forscher dabei, das Gerät bei lebenden Mäusen einzusetzen und die Musteraktivierung zu prüfen. Das Ziel ist es, die Informationsmengen zu erhöhen, die ein Optogenetik-System verarbeiten kann. "Mit einem 3-D-Array gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, an die man bislang gar nicht denken konnte", sagt Boyden. Beispielsweise könne die Technik eine Zellregion, die für ein bestimmtes Verhalten zuständig ist, gezielt ansteuern – oder Zufallsmuster erzeugen, um ihre Auswirkungen zu prüfen.

Auch auf der Optogenetik basierende Hirnprothesen könnten sich so bauen lassen. Diese könnten Stimulationsmuster in die verschiedenen Gehirnbereiche senden. Boydens Langzeitziel ist es außerdem, Nervenzellenmuster besser zu verstehen, die bei Erkrankungen vorkommen. Diese Muster könnten dann verwendet werden, um die Wirksamkeit neuer Therapieformen zu testen. (bsc)