Formel 1: Mercedes trennt sich auch von Norbert Haug

Norbert Haug beendet seine mehr als 22-jährige Karriere als Leiter der Motorsportabteilung von Mercedes-Benz. Das sei im gegenseitigen Einverständnis geschehen, wie Mercedes in einer Pressemitteilung bekanntgab

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Von
  • Martin Franz

Norbert Haug, Vice President der Daimler AG, beendet seine mehr als 22-jährige Karriere als Leiter der Motorsportabteilung von Mercedes-Benz. Das sei im gegenseitigen Einverständnis geschehen, wie Mercedes in einer schmalen Pressemitteilung bekanntgab. Der Vertrag wird Ende des Jahres aufgelöst, was in gewisser Weise gegen eine langfristige Überlegung spricht.

Haug hatte am 1. Oktober 1990 bei Mercedes als Chef der Motorsportabteilung von Mercedes angefangen. Zuvor hatte der Journalist, der bei der Pforzheimer Zeitung Anfang der 1970er-Jahre volontierte, 15 Jahre bei der Motor Presse Stuttgart gearbeitet. Er wurde 1976 Leiter des Ressorts Sport bei der Auto, Motor und Sport, stieg 1988 zum stellvertretenden Chefredakteur auf.

Nach seinem Wechsel zu Mercedes betreute er unter anderem das Mercedes-Junior-Team, in dem auch Michael Schumacher fuhr. Später gelang es Haug, seine Chefs von einem Formel-1-Engagement zu überzeugen. Die Firma trat zunächst als Motorenlieferant für das Team von Peter Sauber auf, ab 1995 war Mercedes dann Partner von McLaren. Drei Jahre später gelang dieser Kombination der Gewinn der Weltmeisterschaft in der Formel 1, sowohl in der Fahrer- wie auch in der Konstrukteuers-Wertung. Auch im Jahr darauf holte sich McLaren den Fahrer-WM-Titel und verlor die für das Team wichtige Konstrukteurs-WM nur ganz knapp. In den folgenden Jahren gelangen zwar zahlreiche Siege, einen WM-Titel konnte Mercedes aber erst 2008 wieder einfahren.

Norbert Haug (Mitte) war an der Verpflichtung von Nico Rosberg (links) und Michael Schumacher (rechts) maßgeblich beteiligt.

(Bild: Mercedes)

Ende 2009 war Haug gleich an zwei Coups beteiligt. Mercedes kaufte das Team von Ross Brawn auf, das in der Saison 2009 mit einem erstaunlich schmalen Budget die beide WM-Titel geholt hatte. Als Fahrer des neuen Mercedes-Teams wurden Nico Rosberg und Michael Schumacher verpflichtet. An der Verpflichtung Schumachers, der nach drei Jahren ein Comeback in der Formel 1 gab, soll Haug großen Anteil gehabt haben. Das mediale Interesse war gewaltig, die Ergebnisse blieben hinter den hochgesteckten Erwartungen jedoch zurück. Nur einmal in den vergangenen drei Saisons konnte das Team einen Sieg einfahren, für Michael Schumacher erreichte nur einmal einen dritten Platz.

Mit Norbert Haug trennt sich die Motorsportabteilung von Mercedes von einer Identifikationsfigur, wie es sie, noch dazu über eine solche Dauer, nur wenige in der Formel 1 gibt. Nicht umsonst wurde Haug auch außerhalb des Fahrerlagers als „Mister Mercedes“ bezeichnet. Er hat in den vergangenen Jahren viel Kritik abgefangen und „sein“ Team gegen Angriffe verteidigt. Die kamen aufgrund der ausbleibenden Erfolge vielfach aus den Medien, aber auch aus der Chefetage von Mercedes selbst. Die Resultate, die das Team seit seiner Gründung Ende 2009 erreicht hat, ließen sich mit dem Anspruch von Mercedes nur schwer vereinbaren, was nicht die Schuld des Motorsportchefs gewesen ist.

Mercedes hat in der Saison 2012 mit einer Neustrukturierung seines Teams angefangen. Auf personeller Ebene wie auch auf technischer Seite wurde massiv aufgerüstet, um den erfolgreichen Rennställen, allen voran McLaren und Red Bull, den Kampf anzusagen. Zur Neuausrichtung gehörten die Trennung von Michael Schumacher und die Verpflichtung von Lewis Hamilton, der zuletzt für Mercedes 2008 einen WM-Titel geholt hat. Auch das Engagement von Niki Lauda sollte einen Neuanfang für das Team signalisieren. Der zeigte sich heute in einem Interview mit Sky Sport News überrascht: „Mir persönlich tut es wahnsinnig leid. Ich habe immer ein sehr gutes Verhältnis zu ihm gehabt und hätte sehr gerne mit Norbert weiter zusammengearbeitet.“ Dass Norbert Haug nicht mehr ins neue Bild passen soll, zeigt eine gewisse Kopflosigkeit bei Mercedes GP, die mit dem Weggang des prominenten Motorsportchefs wohl nicht besser werden wird.

Der Blick zurück ist dennoch, wie am Tag der Bekanntgabe einer solchen Entscheidung auch nicht anders zu erwarten, keiner im Zorn. „Wir haben seit 1991 viel gewonnen und sehr viel erreicht, und mein Dank dafür gilt all meinen Kollegen. Leider konnten wir seit der Gründung unseres eigenen F1-Werksteam seit 2010 unsere eigenen Erwartungen mit einem Sieg 2012 noch nicht erfüllen, aber die Weichen sind für Erfolge gestellt und das Team und unsere Fahrer werden alles geben, diese zu erreichen“, sagte Norbert Haug in einer Pressemitteilung. In der dankte auch Dr. Dieter Zetsche, Leiter Mercedes-Benz Cars und Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, dem scheidenden Haug: „Er hat für mich eine ganze Ära geprägt – und als Highlight die erfolgreiche Rückkehr der Silberpfeile in die Formel 1 verantwortet.“ (mfz)