Schriftliche Dokumente zählen mehr als mündliche Zusagen

Wer aufgrund einer mündlichen Absprache des Arbeitgebers auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet, geht ein hohes Risiko ein. Das bestätigt ein aktueller Fall aus Berlin.

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Von
  • Marzena Sicking

Von der Hoffnung, der Arbeitgeber könnte sich das mit der Kündigung doch noch überlegen, sollten Arbeitnehmer sich nicht von einer Klage abhalten lassen. Denn mündliche Zusagen des Chefs heben eine schriftliche Kündigung nicht auf. Diese Erfahrung musste jetzt auch eine Digital-Marketing-Managerin machen.

Ihr Arbeitgeber hatte ihr am 7. November 2011 fristgemäß zum 29.02.2012 gekündigt. Die Beendigung des Arbeitsverhältnis war abgesprochen, ebenso wie die Zahlung einer Abfindung für den Fall, dass die Frau auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet.

Zwei Wochen nachdem sie die Kündigung erhalten hatte, erfuhr die Arbeitnehmerin von ihrer Schwangerschaft und teilte diese auch dem Noch-Arbeitgeber mit. Der bestätigte den Eingang der Schwangerschaftsbescheinigung, teilte aber auch mit, dass die Kündigung nach wie vor wirksam sei.

Mitte Januar, also erst zweieinhalb Monate nach der Kündigung und damit nach Ablauf der dazugehörigen Frist, reichte die Mitarbeiterin eine Kündigungsschutzklage ein. Sie begründete den späten Gang vor Gericht damit, dass ihr der Arbeitgeber zwischenzeitlich in einem Telefonat zugesichert habe, sich die Kündigung noch mal zu überlegen. Ihre veränderte Situation sei mit anderen Leitenden diskutiert worden und Ende November habe ihr der Geschäftsführer tatsächlich die Weiterbeschäftigung angeboten, allerdings in einem anderen Bereich. Dieses Angebot habe sie angenommen und daher keine Notwendigkeit mehr zu einem formellen Widerspruch gesehen.

Das war jedoch ein Fehler, denn an die mündliche Zusicherung konnte oder wollte sich der Arbeitgeber zwischenzeitlich nicht mehr erinnern. Und auch das Arbeitsgericht Berlin hat den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung zurückgewiesen. Die Richter begründeten ihr Urteil damit, dass die Klägerin aus der Äußerung des Geschäftsführers, die Kündigung sei "wohl unwirksam", nicht habe schließen dürfen, dass diese hinfällig sei. Vielmehr hätte sie die Äußerung nur so verstehen dürfen, dass der Chef sich nun wohl in dieser Angelegenheit juristisch beraten lassen will. Gegen diesen Beschluss legte die Frau Beschwerde ein.

Mit dieser Auslegung habe das Gericht überzogene Anforderungen an ihre Sorgfaltspflicht gestellt. Sie habe immer ein gutes Verhältnis zu dem Geschäftsführer gehabt und aus Rücksicht nach den Äußerungen keinen Anlass mehr für eine Klage gesehen. Zumal der Manager ihr zugesichert habe, man werde noch über die Angelegenheit reden.

Darauf zu vertrauen, erwies sich als Fehler, denn die Kündigung ist wirksam und die Berufung der Arbeitnehmerin wurde abgewiesen. Zwar sahen die Richter der 6. Kammer am Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg es als erwiesen an, dass der Geschäftsführer mit seinen Erklärungen die Erwartung geweckt hatte, das Arbeitsverhältnis werde als ungekündigt fortgesetzt. Doch das reiche nicht aus, um von einer Kündigungsschutzklage abzusehen. Solange keine schriftliche Vereinbarung über die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses getroffen oder zumindest eine feste Zusage erteilt worden ist, dürfe der Arbeitnehmer nicht darauf vertrauen, dass es schon noch zu einem neuen Vertrag kommen werde. Wer das tut, handelt auf eigenes Risiko (Urteil vom 2.11.2012, Az. 6 Sa 1754/12). (gs)
(masi)