Living in a Box

Mit Containern lassen sich nicht nur Waren um die ganze Welt transportieren, aus ihnen können auch schicke, energieeffiziente Häuser gebaut werden. Sie sind günstiger und schneller zu errichten als konventionelle Gebäude. Wer will, kann sogar mit ihnen umziehen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Lesezeit: 13 Min.
Von
  • Helmut Broeg
Inhaltsverzeichnis

Mit Containern lassen sich nicht nur Waren um die ganze Welt transportieren, aus ihnen können auch schicke, energieeffiziente Häuser gebaut werden. Sie sind günstiger und schneller zu errichten als konventionelle Gebäude. Wer will, kann sogar mit ihnen umziehen.

Am Anfang haben sich die Nachbarn schon sehr gewundert, als die ersten Bauteile unseres Hauses ankamen“, erinnert sich Martin Hollinetz. Kein Wunder, stach das Wohnhaus aus stählernen Containerbauteilen in dem kleinen Örtchen Vorchdorf doch deutlich aus dem gewohnten Ortsbild heraus. Traditionell werden hier in Oberösterreich Eigenheime aus Stein gebaut.

Doch der Unternehmensberater und seine Familie entschieden sich für ein exotisches Haus aus Containermodulen. Das hatte handfeste Gründe: Zum einen war es deutlich günstiger als ein vergleichbares Steinhaus, rund ein Drittel der Baukosten sparten sie ein. Zum anderen konnten sie als Bauherren vieles selbst ausbauen. Nicht zuletzt sparten sie auch Zeit. Das Aufstellen der Stahlkonstruktion etwa dauerte nur zwei Tage.

Mit solchen Attributen bieten die Häuser aus Containern oder vergleichbaren Stahlmodulen Bauherren und Architekten zunehmend eine Alternative zu Fertighäusern aus Holz oder traditionellen Stein-auf-Stein-Bauten. Rund um den Globus kreieren sie aus den vielseitigen Quadern nicht nur Privathäuser, sondern auch Geschäftsgebäude, Shops, Kunsthallen und Studentenwohnheime.
Das Geschäft läuft gut. „Wir bekommen jede Woche 20 bis 30 Anfragen von Leuten, die sich für ein Containerhaus interessieren und eines besichtigen wollen“, sagt Jürgen Berkmann, Geschäftsführer der österreichischen Baufirma Combi-Box. Sein Unternehmen hat sich auf den Bau der Häuser mit Stahlskelett spezialisiert und auch die Module für Hollinetz’ Haus geliefert.

Er ist für die kommenden Monate mit Aufträgen eingedeckt, allein durch Mundpropaganda, wie er sagt. Auf die Idee zur Firmengründung kamen Berkmann und seine Familie, als sie vor zehn Jahren selbst ein Haus bauen woll-
ten. Unter den traditionellen Bauweisen fanden sie keine, die sowohl ihrem relativ schmalen Geldbeutel gerecht wurde als auch ihren Ansprüchen nach Flexibilität und Wohnqualität genügten.

Die einzelnen Combi-Box-Module gibt es in vielen unterschiedlichen Längen und Breiten bis zu drei Meter. Sie sind entweder miteinander verschweißt oder durch Schrauben verbunden. Dadurch sind die Bauten äußerst variabel und lassen sich jederzeit umgestalten.

Seit einem Jahr wohnt die oberösterreichische Familie nun schon in ihrem Containerhaus und fühlt sich sehr wohl darin. Vor allem das Wohnklima hat sie überzeugt. „Im Sommer ist es nicht zu heiß, und im Winter lassen sich die einzelnen Räume ganz individuell beheizen“, resümiert der Hausbesitzer und räumt mit dem weitverbreiteten Irrtum auf, dass sich die Stahlgebäude im Sommer zu sehr erwärmen und im Winter stark auskühlen. Diesen Nachteil weisen nur herkömmliche Bau- oder alte Seecontainer auf, die kaum mehr als Metallkisten sind.

Die Combi-Box-Module sind jedoch weitaus besser isoliert. Die Wände bestehen aus Sandwichpaneelen, wie sie auch für Kühlhäuser verwendet werden, erzählt Hollinetz. Derart konstruiert, haben die Außenwände laut Hersteller für sich genommen schon eine gute Energiebilanz. Bei einer Wandstärke von zehn Zentimetern liegt ihr Wärmedurchgangskoeffizient oder U-Wert bei 0,24 Watt pro Quadratmeter und Kelvin (W/m2K). In diesem Bereich liegen auch Modelle anderer Containerhaus-Hersteller. Sie übertreffen damit sogar den in der deutschen Energiesparverordnung 2009 festgelegten Referenzwert von 0,28 W/m2K. Auf der Außenseite hat Häuslebauer Hollinetz noch 15 Zentimeter dicke Styroporelemente angebracht, auf denen ein Holzrahmen befestigt ist. Darüber spannt sich eine Hülle aus einem strapazierfähigen gelben Spezialgewebe. Es besteht aus dem gleichen Material, das auch für Sonnensegel auf Spielplätzen verwendet wird.

Die Plane ist UV-beständig, bleibt auch bei unterschiedlichen Außentemperaturen oder hoher Luftfeuchtigkeit gespannt und wirft keine Falten. Zwischen ihr und der darunterliegenden Isolierung befindet sich ein etwa ein Zentimeter breiter Spalt. Durch diese sogenannte Hinterlüftung steigt im Sommer kühle Luft aus dem Boden an der Hauswand entlang nach oben und sorgt für zusätzliche Kühlung. Darüber hinaus sind auch alle anderen handelsüblichen Arten der Außenverkleidung möglich, beispielsweise eine Holzverschalung oder mit herkömmlichem Putz überzogene Wände.

Genauso variabel sind die Heizungssysteme. Hollinetz hat sich für elektrisch betriebene Infrarot-Paneele an der Decke entschieden, weil sie wenig Platz benötigen. Den Strom dafür liefert die Photovoltaikanlage auf dem Dach. Die an große Kacheln erinnernden Elemente sind deutlich sparsamer als andere elektrische Heizkörper. „Sie heizen nicht die Raumluft auf, sondern nur die Wände, Gegenstände und die Körper, die sich im Raum befinden“, erläutert Hollinetz das Prinzip. Auch wenn die Ökobilanz von Elektroheizungen schlechter ausfällt als die etwa von Gas- oder Ölheizungen, werden sie für Containerhäuser oft bevorzugt: Sie sind extrem platzsparend, da sie auch keine Rohre oder Kessel benötigen. Grundsätzlich sind bei den Containerbauten aber alle üblichen Heizungsarten möglich.

Der Aufbau der Containerkonstruktion ist schnell und unproblematisch, da zum Beispiel aufwendige Fundamentarbeiten entfallen. Für die selbsttragenden Elemente reichen Betonstelzen mit einem Durchmesser von lediglich 80 Zentimetern an jeder Ecke – statt einer durchgängigen Bodenplatte wie sie etwa für Steinhäuser nötig ist. Fenster und Türen sind bei der Anlieferung bereits in die Containerelemente integriert.

Der Einbau der elektrischen und sanitären Leitungen kann vor Ort erfolgen, da die Module ohne Bodenbelag angeliefert werden. Sind die Leitungen verlegt, folgt die Bodenisolierung, anschließend die Montage des Unterbodens mit Grobspanplatten sowie als letzte Schicht der endgültige Bodenbelag – sei es nun Teppich oder Parkett. Viele dieser Ausbauarbeiten hat Hollinetz selbst erledigt, denn „man kann an der stabilen Konstruktion ja nichts kaputt machen“. Auf diese Weise sparte er auch Kosten für Handwerker ein.

Vor einem Jahr ist auch Peter Dussl aus Nürnberg ins Geschäft mit den Wohnhäusern aus Metallmodulen eingestiegen. Er ist Inhaber der Firma Conhouse, die er zusammen mit dem slowenischen Architekten Jure Kotnik gegründet hat. Ihre Module sind maximal 2,5 Meter breit, denn noch breitere Bauteile gelten als Schwertransporte. Damit wäre ihre Lieferung sehr viel aufwendiger und teurer. Die Länge seiner Stahlkonstruktionen ist allerdings variabel und reicht von vier Metern bis zu zwölf Metern.

Während bei einem gewöhnlichen Transportcontainer auch sämtliche Wände eine statische Funktion haben, tragen bei seinen Modulen nur die Kanten die Last. Diese bestehen aus L-förmigen Stahlträgern. Die beiden Schenkel des „L“ sind nach innen zur Ecke hin umgefaltet, sodass jeweils zwei Stahlschichten übereinanderliegen. „Dadurch sind sie besonders stabil“, sagt Dussl. Tragende Zwischenwände braucht diese Konstruktion nicht mehr. „Das ermöglicht große Räume. Im Prinzip kann man damit auch eine Sporthalle bauen“, sagt er.