Chinas erster "Bürgerjournalist" wurde von Polizisten zu Tode geprügelt

Weil er mit seiner Handykamera prügelnde Polizisten aufnehmen wollte, wurde der 41-jährige Mann selbst zum Opfer der Gewalt.

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Von
  • Florian Rötzer

In China wurde der erste "Bürgerjournalist", wie Reporter ohne Grenzen sagen, von Angehörigen einer schon lange wegen ihrer Willkür und Brutalität unbeliebten Stadtpolizei (Chengguan) zu Tode geprügelt. Wei Wenhua wollte mit seiner Handykamera am Montag in einem Dorf in der Nähe der Stadt Tianmen filmen, wie Polizisten versuchten, Menschen mit Gewalt zu vertreiben. Sie blockierten Müllfahrzeuge, um so zu verhindern, dass weiter Abfall, der die Luft verpestet und das Grundwasser kontaminiert, entladen wird. Der 41-jährige Wei hatte die Szene aus dem Auto gesehen, in dem er mit einem Kollegen gefahren war, und war dann mit seinem Handy ausgestiegen, um Aufnahmen zu machen. Als die Polizisten dies sahen, schlugen Dutzende auf den Mann ein. Auf dem Weg ins Krankenhaus ist Wei gestorben. Das Handy wurde zwar gefunden, die aufgenommenen Bilder waren aber gelöscht worden. Was Wei mit den Bildern hätte machen wollen, ist nicht bekannt.

Auch die staatlichen Medien berichteten über den Vorfall. Tausende von Menschen sollen am Dienstag in Tianmen gegen die Polizeibrutalität demonstriert haben, die Behörden haben laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua inzwischen vier der beteiligten Polizisten festgenommen und ermitteln insgesamt gegen 100.

Chengguan, eine Abkürzung für Chinese City Management Administration and Implementation of Law, gibt es in jeder chinesischen Stadt. Die Polizei wurde etabliert, um kleine Straftaten zu verfolgen, Wanderarbeiter zu kontrollieren und für Ruhe und Ordnung zu sorgen. Chengguan haben bereits mehrere Menschen getötet, und es gab immer wieder Proteste gegen sie.

Unmut über den Vorfall in Tianmen und die Chengguan wurde vor allem im Internet laut. Auf Global Voices wurden Kommentare chinesischer Blogger übersetzt und zusammengestellt. Die Kritik zeigt, dass das Internet in China trotz der Verfolgung von Oppositionellen und der Überwachung noch immer Möglichkeiten einer freieren Meinungsäußerung bietet.

Reporter ohne Grenzen machen jedoch darauf aufmerksam, dass Wei Wenhua wahrscheinlich nur der erste Bürgerjournalist gewesen sein könnte, der getötet wurde, weil er etwas beobachten und dokumentieren wollte. Das werde immer mehr gemacht und sei eine Möglichkeit, den Machtmissbrauch von Sicherheitskräften in der Öffentlichkeit anzuprangern. Hingewiesen wird auf eine kürzlich erlassene Verordnung, nach der nur noch staatlich zugelassene Medien im Internet Video- oder Audio-Aufnahmen veröffentlichen dürfen. (fr)