Europas Telekom-Konzerne erwägen Netz-Schulterschluss

Europas große Telekomkonzerne denken darüber nach, ihre Netzinfrastrukturen zusammenzuschließen. Die Idee für einen gesamteuropäischen Netz-Markt soll bei einem Gespräch zwischen Konzernspitzen und dem EU-Kommissar Almunia aufgekommen sein.

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Europas große Telekomkonzerne denken darüber nach, ihre Netzinfrastruktur zusammenzuschließen. Mit diesem Verbund könnte dann aus den getrennten nationalen Märkte ein gesamteuropäischer Telekommunikationsmarkt erwachsen. Die Idee dazu soll bei einem Treffen mehrerer Unternehmens-Chefs mit dem EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia aufgekommen sein, wie die Financial Times berichtet. Für die Verbraucher könnte das zum Beispiel europaweit einheitliche Preise bringen.

Ein Sprecher des EU-Kommissars bestätigte gegenüber dpa, dass Almunia am 28. November bei einem Treffen mit den Spitzen der Branchenriesen darüber geredet habe. Mit dabei seien Vertreter des europäischen Branchenverbandes ETNO gewesen sowie der Deutschen Telekom, der spanischen Telefonica, der belgischen Belgacom, der niederländischen KPN, Orange (Frankreich) sowie Telecom Italia.

Dem Bericht der Financial Times zufolge machen Europas Telekomkonzernen die harte Konkurrenz, schrumpfende Gewinnmargen und gewaltige Infrastrukturinvestitionen zu schaffen – und das bei einer gleichzeitigen Fragmentierung in zahlreiche nationale Märkte. Grenzübergreifende Kooperationen könnten da die Wettbewerbsfähigkeit auf internationalem Parkett gerade gegenüber Konkurrenten aus den USA und China stärken. In diesen Ländern werden die Märkte übergreifend von wenigen großen Anbietern dominiert. Ebenfalls könnten EU-weite Schulterschlüsse den Telkos eine ganz andere Verhandlungsmacht gegenüber globalen Konzernen wie etwa Google geben, zitiert die Zeitung einen Manager.

Die EU-Kommission steht einer Konsolidierung der Telekombranche grundsätzlich positiv gegenüber. Allerdings sei dies allein Sache der Unternehmen, betonte der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia laut dpa. "Jeglicher Plan, die Infrastruktur zusammenzulegen oder Netzwerke zwischen Telekomanbietern zu teilen, muss auf Initiative der Unternehmen geschehen und würde nicht von der EU-Kommission angeregt", sagte der Sprecher.

EU-Kommissar Almunia hatte sich laut Financial Times bereits im Dezember bei einer Pressekonferenz gegen Marktkonsolidierungen auf rein nationaler Ebene ausgesprochen. Die zahlreichen Unternehmensfusionen in den einzelnen Ländern würden den freien Wettbewerb eher behindern und mitunter die Preise treiben. Gleichzeitig hatte er sich jedoch offen für grenzüberschreitende Lösungen gezeigt – etwa dass Unternehmen ihre Netze miteinander teilten, um dadurch Kosten zu senken. "Eine Konsolidierung auf europäischer Ebene wäre eine gute Sache, wenn es mehr Service, mehr Auswahl und günstigere Preise für die Verbraucher bringt", machte Almunia klar.

Inwieweit die Idee des pan-europäischen Marktes finanziell, technisch und politisch tatsächlich umsetzbar ist, bleibt abzuwarten. Die EU müsste dies als Kartellbehörde genehmigen. Branchenkenner bezweifeln aber, dass die EU-Kommission einen solchen Schulterschluss der Marktriesen in Europa zustimmen würde. So sei es in den Gesprächen mit Almunia auch nicht um die Bildung eines grenzübergreifenden Netzes, sondern nur um grundsätzliche Fragen gegangen, erfuhr die dpa aus Kreisen des Branchenverbands European Telecommunications Network Operators (ETNO). Große Widerstände werden im übrigen auch von den nationalen Regulierungsbehörden erwartet.

Generell dringt die EU dringt schon seit Längerem auf einen durchlässigeren europäischen Telekom-Markt. Unter anderem wurden dafür die europaweiten Roaming-Gebühren seit Juli vergangenen Jahres gedeckelt. (Mit Material von dpa) / (axk)