ICANN will Aufsicht der USA über Domain Name System diskutieren

Der neue Vorstandsvorsitzende der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, Peter Dengate Thrush, stellte beim Treffen der privaten Netzverwalter in Delhi auch die US-Aufsicht über die zentrale Rootzone und die IANA zur Debatte.

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Von
  • Monika Ermert

Der neue Vorstandsvorsitzende der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), Peter Dengate Thrush, hat beim Treffen der privaten Netzverwalter in Delhi auch die US-Aufsicht über die zentrale Rootzone zur Debatte gestellt. Im September 2009 läuft der Vertrag (Joint Project Agreement, JPA) aus, der ICANN unter die Aufsicht des US-Handelsministeriums stellt. Eine Diskussion über eine regierungsunabhängige ICANN sei jetzt notwendig, sagte Dengate Thrush in Delhi. Im Rahmen einer vom US-Handelsministerium für Ende Februar anberaumten öffentlichen Anhörung zur privaten Netzverwaltung hatte die ICANN-Spitze sich bereits klar für eine "Unabhängigkeit" ausgesprochen.

Zusätzlich ging es in Delhi um die Frage, inwieweit die USA auch die Hoheit über Veränderungen in der zentralen Rootzone des Domain Name System (DNS) aufgeben sollte. Diese ist nicht im JPA, sondern in einem eigenen Vertrag geregelt, der die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) betrifft. IANA ist praktisch der historische Kern der ICANN und der Ansprechpartner für die über 200 Länderdomainmanager.

Aktuell hat die US-Regierung die ICANN mit der Wahrnehmung der IANA-Aufgaben beauftragt. In einem weiteren Vertrag ist VeriSign mit dem Betrieb des zentralen Rootservers beauftragt. Beide Verträge sind zeitlich befristet, die US-Regierung könnte die jeweiligen Aufgaben auch anderweitig vergeben und von einer "unabhängigen" ICANN ablösen. Die einseitige Aufsicht über die Rootzone und nicht nur über ICANN selbst ist es allerdings auch, die in den vergangenen Jahren immer wieder zu internationalen Auseinandersetzungen geführt hat.

ICANN-CEO Paul Twomey berichtete in Delhi von den aktuell laufenden Gesprächen zur Zukunft der DNS-Verwaltung: "Eine ganze Reihe von Verwaltern nationaler Adresszonen und auch Gesprächspartner in Washington haben uns geraten, auch die IANA-Frage mit ins Spiel zu bringen." Der ehemalige ICANN-Direktor Michael Palage erinnerte allerdings daran, dass der US-Rechnungshof (General Accounting Office) im Jahr 2000 die rechtliche Möglichkeit einer Übertragung der Aufsicht über den zentralen Rootserver an die ICANN für fraglich erklärt hatte. "Hat die US-Regierung ihre Meinung geändert?" fragte Palage in Delhi. Darauf konnten Dengate Thrush und Twomey keine Antwort geben. Von Seiten der US-Behörden werde man hauptsächlich nach Garantien für Stabilität und Sicherheit für das System gefragt.

Beobachtern aus der Wirtschaft besorgt dagegen die Vorstellung, dass künftig neben der US-Regierung andere Regierungen mit in die Aufsichtsrolle drängen könnten, etwa autoritäre Regime wie China. Dengate Thrush sagte demgegenüber, er wolle nicht, dass eine Regierung durch viele abgelöst werde. Daher sei er auch skeptisch gegenüber Vorschlägen, der UN irgendeine Aufsichtsrolle zu übertragen. ICANN sollte letztlich gegenüber den verschiedenen Interessengruppen verantwortlich sein, dafür seien verschiedene Verfahren zur Transparenz und Rechenschaftspflicht geschaffen worden. (Monika Ermert) / (anw)