Punkte-Reform: Verkehrsanwälte fürchten, dass mehr Führerscheine kassiert werden

Die Reform des Punktesystems der Flensburger Verkehrssünderdatei bringt Autofahrern nach Darstellung des Deutschen Anwaltvereins (DAV) erhebliche Nachteile. Es werde nicht nur zu einer Erhöhung der Geldbußen "auf breiter Front" kommen

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Von
  • Florian Pillau

Die Reform des Punktesystems der Flensburger Verkehrssünderdatei bringt Autofahrern nach Darstellung des Deutschen Anwaltvereins (DAV) erhebliche Nachteile. Es werde nicht nur zu einer Erhöhung der Geldbußen "auf breiter Front" kommen, erklärte DAV-Verkehrsrechtsexperte Frank Häcker vor Beginn des 51. Verkehrsgerichtstages in Goslar am Mittwoch. Vor allem dürften auch deutlich mehr Führerscheine entzogen werden, weil ein Punkte-Abbau nicht mehr möglich sein soll.

Beim Verkehrsgerichtstag (bis 25. Januar) geht es unter anderem um die Reform des Flensburger Punktesystems, die Fahrausbildung und Geschwindigkeitsmessungen im Straßenverkehr. Das Bundeskabinett hatte 2012 beschlossen, dass Autofahrer künftig weniger Strafpunkte für Verkehrsverstöße bekommen, dafür aber schon mit acht statt bisher 18 Punkten den Führerschein verlieren sollen.

Das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg

(Bild: KBA)

Die Neuerungen seien im Grundsatz zu begrüßen, erklärte ein ADAC-Sprecher. So sei es sinnvoll, dass nur noch Verstöße mit Punkten geahndet werden sollen, die Bedeutung für die Verkehrssicherheit hätten. Nicht nachvollziehbar sei hingegen, warum einige Bußgeldsätze angehoben würden, so etwa für das verbotene Befahren der umstrittenen Umweltzonen, was zwar keinen Punkt mehr einbringen, aber 80 statt 40 Euro kosten soll.

Auch dass Verkehrssünder künftig keine Möglichkeit mehr haben sollen, Punkte durch die freiwillige Teilnahme an Seminaren abzubauen, kritisierte der ADAC. Die Verkehrsanwälte im DAV sehen darin sogar eine besonders schwerwiegende Verschlechterung für Autofahrer. Für den Auto Club Europa ACE ist die gesamte Punktereform "nicht gut gemacht". Das neue System bringe weder für die Autofahrer noch für die Verkehrssicherheit erkennbare Vorteile, sagte der verkehrspolitische Sprecher, Matthias Knobloch.

Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP, Bernd Witthaut, bezeichnete das neue Punktesystem im Radiosender rbb Info als politischen Aktionismus. Im Straßenverkehr in Städten, auf Autobahnen und Landstraßen fänden vermehrt Regelverstöße statt, die nicht kontrolliert werden könnten, "weil uns leider das Personal dazu fehlt". Das neue System sieht vor, Delikte nicht mehr mit einem bis sieben Punkten zu bewerten, sondern je nach Schwere nur noch mit ein, zwei oder drei Punkten. Dadurch entfalle die Möglichkeit der feineren Unterscheidung der Vergehen, bemängelte DAV-Experte Häcker. So würden ein Handyverstoß mit einem Punkt und eine fahrlässige Tötung ohne Entzug der Fahrerlaubnis mit nur zwei Punkten geahndet. Nach dem bisherigen System hätte die fahrlässige Tötung fünf Punkte zur Folge gehabt. (dpa) (fpi)