Sparfüchse in den Wolken

Cloud-Computing stellt IT-Infrastrukturen auf Abruf bereit. Was günstig klingt, kann aber schnell teuer werden. Firmen wie Cloudability wollen die Planbarkeit verbessern.

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Von
  • Jessica Leber

Cloud-Computing stellt IT-Infrastrukturen auf Abruf bereit. Was günstig klingt, kann aber schnell teuer werden. Firmen wie Cloudability wollen die Planbarkeit verbessern.

Als Chief Technology Officer von Barack Obamas letzter Kampagne musste Harper Reed innerhalb von rund einem Jahr eine gigantische technische Infrastruktur aufbauen, um dem Präsidenten bei seiner Wiederwahl zu helfen.

Cloud-Computing, also das "On Demand"-Anmieten von Serverleistung bei Internet-Dienstleistern, bot eine Möglichkeit, ein so großes und komplexes Projekt schnell hochzuskalieren. Reed musste beispielsweise sicherstellen, dass alle Websites, E-Mail-Anwendungen und Facebook-Apps reibungslos und ohne Ausfälle liefen. Und seine Produktleute durften bei ihrer Softwareentwicklungsarbeit nicht daran scheitern, dass die notwendige Infrastruktur fehlt – schließlich steuerte die Web-basierte Technik unter anderem die Arbeit vieler Tausend Freiwilliger. Trotzdem hatte Reed keinen Cent zu viel und es zeigte sich, dass es nicht einfach ist, die Budgetplanung für die vielen Mietcomputer zu kontrollieren.

Aus diesem Grunde wendete sich der Obama-CTO an Cloudability, ein Start-up aus Portland, Oregon. Die Analysesoftware der jungen Firma war ihm vom Cloud-Dienstleister Amazon Web Services (AWS) empfohlen worden, wo die Wiederwahlkampagne Monat für Monat mehr Serverkapazität mietete. Zu der Zeit hatte AWS noch keine sonderlich guten Werkzeuge, um übersichtlich darzustellen, was die Kunden ausgeben und vor allem wofür. Zudem gab es keine speziellen Tools, die beim Sparen helfen.

Cloudability ist eines von mehreren Unternehmen, die versuchen, Kunden dabei zu helfen, die Kosten für Cloud-Dienste besser im Griff zu behalten. Die neuen Dienste kommen zum richtigen Zeitpunkt, schließlich wird die Technik immer häufiger auch von Großkonzernen eingesetzt, die ihre Software und IT-Infrastruktur auf On-Demand-Servern laufenlassen.

In vielen Firmen wird aus dem Cloud-Computing-Einkauf schnell ein schwer zu managendes, dezentrales Gebilde aus Hunderten individueller Accounts und Kreditkarten. "Wenn man will, dass ein Entwickler einen Cloud-Server abschaltet, ist das ähnlich wie bei einem Kind, dem man den Auftrag gibt, das Licht abzudrehen", sagt J.R. Storment, Cloudability-Mitbegründer und Servicechef. "Sie vergessen es oft einfach."

Seine Firma wurde Anfang 2011 gegründet und mittlerweile 4500 Kunden eingesammelt, die laut Cloudability insgesamt 260 Millionen Dollar für Cloud-Dienste ausgeben. Das soll rund 10 Prozent der Gesamtnutzung von Amazon Web Services entsprechen. Firmen wie Newvem und Cedexis arbeiten ebenfalls an Systemen, mit denen sich die Cloud-Verwendung effektiver überwachen lässt.

Die Standardversion des Cloudability-Dienstes ist kostenlos, es gibt aber auch eine Bezahlveariante mit mehr Funktionen. Sie analysiert die Cloud-Computing-Rechnung einer Firma anhand von 30 verschiedenen Kriterien wie Einsatzzeit oder Nutzungsregion. Die Technik kann auch verwendet werden, um die Ausgaben auf Projekte oder Anwendungen herunterzubrechen – ein zentrales Werkzeug für Entwickler, die beispielsweise daran arbeiten, effizienteren Code zu schreiben.

Storment glaubt, dass solche Tools Fortune-100-Firmen helfen werden, das On-Demand-Mietmodell der Cloud besser zu verstehen. Die Software kann außerdem dabei helfen, Budgetüberschreitungen zu verhindern, wenn Entwickler vergessen haben, Cloud-Accounts oder einzelne Dienste abzuschalten. Außerdem soll Cloudability auch der Sicherheit dienen und warnt vor Missbrauch – in einem Fall fand ein Kunde beispielsweise mit dem Service heraus, dass seine Rechnung viel zu hoch war, weil ein Hacker einen Cloud-Server übernommen hatte.

Reed und einige andere Spitzenleute aus dem Technikteam der Obama-Kampagne erhielten die Cloudability-Berichte schlicht per E-Mail und konnte sie dazu nutzen, um ihr Budget bei der Verwendung besonders teurer Cloud-Dienste wie Amazons Datenbank Dynamo zu schonen. Diese wurde schließlich nur für Teilbereiche eingesetzt.

Reed und seine Wahlkämpfer sind vielleicht ein Extremfall, doch die meisten Start-ups erleben einen Punkt, an dem die Ausgaben einem Realitätstest unterzogen werden müssen. Vielleicht wurde auch einfach nur ein neuer Manager angestellt, der auf solche Dinge aufmerksam macht. Ein Beispiel ist der Bilderdienst Pinterest, mehrere Monate lang eine der am schnellsten wachsenden Websites der Welt. Dann wurde Ryan Park eingestellt und übernahm den operativen Technikbereich. "Unsere Priorität Nummer eins war es anfangs nur, mit dem Wachstum mitzuhalten", sagt er. "Ich habe aber gleichzeitig sofort damit begonnen, herauszufinden, für was wir unser Geld ausgeben, welche Lieferanten wir einsetzen und warum." Kein schlechter Plan. (bsc)