Manta der Lüfte

Mit einem neuen Verbundwerkstoff und besonders effizienten Triebwerken will die NASA endlich ein Hybrid-Wing-Flugzeug für die zivile Luftfahrt schaffen, das gegenüber herkömmlichen Jets nur halb so viel Treibstoff verbraucht.

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Von
  • Kevin Bullis

Mit einem neuen Verbundwerkstoff und besonders effizienten Triebwerken will die NASA endlich ein Hybrid-Wing-Flugzeug für die zivile Luftfahrt schaffen, das gegenüber herkömmlichen Jets nur halb so viel Treibstoff verbraucht.

Hybrid-Wing-Flugzeuge könnten eines Tages die Mantarochen der Luftfahrt werden. Sie sehen nicht nur elegant aus, sondern hätten aufgrund ihrer Flügelform auch einen handfesten Vorteil: Sie verbrauchen deutlich weniger Treibstoff als Maschinen mit konventioneller Flügelform. Bisher ist es jedoch nicht gelungen, ein leichtes und zugleich ausreichend stabiles Modell zu entwickeln, das sich für die zivile Luftfahrt eignet. Ein NASA-Team hat nun ein Herstellungsverfahren für den Rumpf entwickelt, das dieses Problem lösen könnte. Zusammen mit so genannten Ultra-High Bypass Ratio-Triebwerken (UHBR) könnte sich der Treibstoffverbrauch gegenüber konventionellen Jets fast halbieren.

Einen ersten ferngesteuerten Prototypen mit sechs Metern Spannweite, X-48B, hatte die NASA bereits vor einigen Jahren gebaut, um das Flugverhalten der Tragflächen bei niedrigen Geschwindigkeiten zu untersuchen. Die Testergebnisse flossen in den Bau eines größeren Modells ein, das im vergangenen Jahr bereits erste Testflüge unternommen hat. Um eine große Version zu bauen, wie sie eines Tages regelmäßig in der Luftfahrt eingesetzt werden könnte, müssen die Ingenieure den Rumpf für typische Flugbedingungen optimieren.

Die heute in Jets übliche Rumpfform einer langen Röhre ist besonders gut geeignet, um die Kräfte auszuhalten, die von außen durch Luftströmungen und von innen durch den Kabinendruck auf den Rumpf einwirken. In Hybrid-Wing-Flugzeugen ist der Rumpf flacher: Die Schwierigkeit besteht hier darin, ihn leicht genug und dennoch stabil genug zu bauen. Dieses Problem soll ein neues Fertigungsverfahren für einen Verbundwerkstoff lösen.

Als Ausgangsmaterial verwenden die NASA-Ingenieure Stäbe aus einem Kohlefaser-Verbundwerkstoff, die in ein Kohlefaser-Gewebe eingenäht werden. Quer dazu werden mit Gewebe ummantelte Schaumstoff-Streifen aufgenäht. Anschließend tränkt man das Ganze mit einem aushärtenden Epoxid-Harz, eine starre Struktur entsteht. Die gehärteten Schaumstoff-Streifen dienen so als versteifende Querstreben.

In dem neuen Prototypen sind Teile der Tragflächen aus diesem Verbundwerkstoff gefertigt. Die Tests zeigten, dass die Konstruktion auch extremen Drücken standhalten kann, weil das vernähte Kohlefaser-Gewebe die Ausbreitung von Rissen verhindert – entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Maschine nicht auseinanderbricht. Das NASA-Team arbeitet jetzt an einem neuen Prototyp mit einer Doppelhüllen-Struktur, der eine Spannweite von gut neun Metern haben. 2015 soll die Maschine flugbereit sein.

Das neue Rumpf-Material könnte gegenüber bisherigen Konstruktionen den Treibstoffverbrauch um 25 Prozent senken. Weitere 25 Prozent sollen UHBR-Triebwerke einsparen. Die zeichnen sich durch ein sehr hohes Nebenstromverhältnis aus: Das gibt an, wieviel Luft im Inneren des Triebwerks an der Turbine vorbei und durch sie hindurch strömt. Je höher das Verhältnis, desto effizienter das Triebwerk.

Um ein hohes Nebenstromverhältnis zu erreichen, muss aber der vordere Fan, der die Luft ins Innere des Triebwerks schaufelt, sehr groß sein. Mit zunehmender Größe wird es schwierig, das Triebwerk unter der Tragfläche aufzuhängen, wie es in heutigen Jets üblich ist. Im Hybrid-Wing-Design kann man das UHBR-Triebwerk jedoch auf der oberen Seite der Tragfläche montieren – die damit auch den Motorenlärm ein wenig abschirmt. Die Maschine wäre leiser.

Hierfür arbeitet das NASA-Team mit dem Triebwerkshersteller Pratt & Whitney zusammen. Desse neuen UHBR-Triebwerke sollen 2014 in Flugzeugen der Bombardier Cseries eingesetzt werden, die allerdings noch eine herkömmliche Rumpfform haben wird.

NASA, Pratt & Whitney und Boeing investieren in die Entwicklung des neuen Hybrid-Wing-Designs gemeinsam 300 Millionen Dollar über drei Jahre. Bis man mit derartigen Maschinen etwa von London nach New York fliegen kann, dürften es aber noch lange dauern. Üblicherweise brauchen Innovationen in der Luftfahrtechnik rund 20 Jahre, bis sie in neuen Modellen in Serie gehen. Die neue Fertigungstechnik für den Rumpf könnte aber vielleicht schon in acht bis zehn Jahren in kommerziellen Jets nutzbar sein, schätzt Fay Collier, Leiter des NASA-Projekts Environmentally Responsible Aviation.

(nbo)