Wertloses Grundrecht

Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass der Zugang zum Internet in Deutschland zur Lebensgrundlage gehört. Da werden sich die Arbeitslosen aber freuen.

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Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass der Zugang zum Internet in Deutschland zur Lebensgrundlage gehört. Da werden sich die Arbeitslosen aber freuen.

Jetzt ist es gerichtsfest. Laut Bundesgerichtshof ist der Zugang zum Internet auch im privaten Bereich „von zentraler Bedeutung für die Lebensführung“. Der Netzzugang ist so wichtig, dass ein Anspruch auf Schadenersatz auch dann besteht, wenn der Betroffene keinen konkreten Schaden nachweisen kann, urteilte der Bundesgerichtshof am 24.1.

Nun haben Gerichtsurteile für mich mit Logik soviel zu tun wie scholastische Diskussionen - beispielsweise über die Frage, wie viele Engel auf einer Nadelspitze tanzen können. Aber - wie Klaus Peukert vom Bundesvorstand der Piratenpartei messerscharf erkannt hat - eigentlich steht dieses Urteil im krassen Widerspruch zur gesellschaftlichen Realität.

Denn laut dem (N)onliner Atlas der Initiative D21 waren 2012 in Deutschland 75,6 Prozent aller potenziellen Internet-Nutzer online - also knappe 25 Prozent nicht. Schaut man nach den Ursachen, landet man zunächst beim Alter: Ab 60 sinkt der Onliner-Anteil unter 60 Prozent. Noch stärker aber schlägt das Haushaltsnettoeinkommen zu Buche. Unter 1000 Euro Haushaltsnetto-Einkommen nutzen nur noch 54 Prozent regelmäßig das Internet.

Mehr noch: In den 359 Euro Hartz-IV-Satz sind rein rechnerisch 3,18 pro Monat für Internet/Onlinedienste und 2,62 Euro für Datenverarbeitung inklusive Software enthalten. Nur schade, dass man man mit diesem Etat gar nicht online gehen kann. Dabei hätte das Internet gerade für Erwerbslose eine wichtige „Kompensationsfunktion“ in Sachen „gesellschaftlicher Teilhabe“, wie die Soziologin Kathrin Englert in einer Untersuchung festgestellt hat.

Der Internetzugang ist durchaus „von zentraler Bedeutung für die Lebensführung“. Nicht nur dann, wenn man sich den Spaß auch leisten kann. Wie lautete noch dieser Sponti-Spruch? Das Gesetz, in seiner majestätischen Gleichheit, verbietet es Armen wie Reichen unter Brücken zu schlafen, zu betteln und Brot zu stehlen. (wst)