Kommentar: Drei Jahre Internet-Enquete - was nun, Bundestag?

Seit März 2010 hat sie gearbeitet: die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft beim Deutschen Bundestag. Am Ende bleibt die Frage: Wie wird der Deutsche Bundestag künftig mit Digitalthemen umgehen?

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Von
  • Falk Steiner

Die nächste Legislaturperiode des Bundestags wird zeigen, ob es den nächsten Abgeordneten wirklich ernst ist mit der Suche nach einer "guten Netzpolitik", wie auch immer diese aussehen mag.

Seit März 2010 hat sie gearbeitet und dabei einen mittelgroßen Wald auf dem Gewissen: die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft beim Deutschen Bundestag. Sie hat in dieser Zeit hunderttausende Zeilen Berichte produziert, um Handlungsempfehlungen gestritten und sich immer wieder in der Tagespolitik fangen lassen. Doch am Ende bleibt die Frage: Wie wird der Deutsche Bundestag künftig mit Digitalthemen umgehen?

Nun gibt es also ein umfassendes Kompendium mit Literatursammlung, dass den Stand der Internetdebatten aus Sicht von 17 Abgeordneten und 17 mehr oder minder unabhängigen Sachverständigen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft abbildet. Das ist gut. Und viel Streit und Verhärtung war vor allem dann zu entdecken, wenn die Kameras an waren. Auf dem Raucherbalkon des Paul-Löbe-Hauses im siebten Stock, in den kurzen Sitzungspausen, war von dem Streit oft nur noch wenig zu bemerken.

Es gibt für jeden Themenbereich nun Handlungsempfehlungen für die Politik – und oft mehr als eine Variante davon. Diese sind nicht verbindlich. Die Enquete-Kommission Internet und Digitale Gesellschaft beim Deutschen Bundestag war mehr als nur eine anstrengende, immer wieder im Kreis rotierende Quasselbude. Sie hat einigen Abgeordneten, die mehr Ahnung vom Netz haben als ihre Kollegen (aber nicht nur solchen) mehr Aufmerksamkeit verschafft. Sie hat zur internen Fortbildung des Parlaments beigetragen, zur Wahrnehmung der Themen als politisch relevant. Und sie hat die Unterschiede deutlich gemacht, wie eine Netzpolitik, die den Namen auch verdient, durch die jeweiligen Brillen der Beteiligten aussehen könnte. Vor allem aber hat sie eines gezeigt: wie viel Arbeit noch vor dem Parlament und künftigen Regierungen liegt.

Das haben auch die Abgeordneten erkannt, zuvörderst der Vorsitzende Axel E. Fischer (CDU) selbst, der als persönliches Fazit am Montag sagte, dass ihm "erst nach und nach [..] die Dimensionen der Veränderungen klar geworden [seien], die die Digitalisierung mit sich bringt". Man hatte sich viel vorgenommen, zu viel. Weder beim Urheberrecht noch beim Datenschutz hat die Enquete die gordischen Knoten durchschlagen können, weder für die grundlegenden Fragen der Internet-Governance noch für die Fragestellungen der Sicherheit im und der des Netzes ein wirkliches Lösungsrezept erstellt. Klar ist: Ein riesiger Aufgabenberg türmt sich hier vor den Abgeordneten des kommenden 18. Bundestages auf.

Doch nicht nur der Bundestag, auch die Ministerien sind noch weit davon entfernt, die Netzpolitik zu ihrer Sache gemacht zu haben. Außer dem Bundesinnenministerium, das sich das Cyberthema unter dem Label Sicherheit aneignet, gibt es kaum eine ernsthafte, in den Ministerialstrukturen auffindbare Digitalpolitik, sondern nur zaghafte Pflänzlein. Auch hier wird die nächste Legislaturperiode zeigen, ob es den nächsten Abgeordneten wirklich ernst ist mit der Suche nach einer "guten Netzpolitik", wie auch immer diese aussehen mag.

Ob ein von der Enquete-Kommission geforderter Koordinator für Netzpolitik – einige fordern einen Minister, andere einen Staatsminister, manche wären mit noch weniger zufrieden – und ein immer wieder gewünschter ständiger Ausschuss für Netzpolitik die Themenvielfalt in den Griff bekommen könnten? Man darf zweifeln. Aber ein weiterer kleiner Schritt wäre es allemal.

Zur Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft beim Deutschen Bundestag siehe:

(jk)