Viele Kerne, eine Software

Stanford-Forscher simulieren mit einem Supercomputer Flugzeugtriebwerke und setzen dabei erstmals über eine Million Prozessorkerne gleichzeitig ein.

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Von
  • David Zax

Stanford-Forscher simulieren mit einem Supercomputer Flugzeugtriebwerke und setzen dabei erstmals über eine Million Prozessorkerne gleichzeitig ein.

Einem US-Wissenschaftlerteam ist es gelungen, im Supercomputing-Bereich eine Barriere einzureißen: Sie nutzten über eine Million Rechenkerne, um komplexe Berechnungen auf dem Gebiet der Strömungslehre durchzuführen. Die Maschine war der im vergangenen Jahr installierte Sequoia IBM Bluegene/Q am Lawrence-Livermore-Nationallabor (LLNL). Der Supercomputer besitzt insgesamt 1.572.864 Prozessoreinheiten und adressiert 1,6 Petabyte an Speicher.

Joseph Nichols vom Center for Turbulence Research an der Stanford University nutzte das System, um die Lärmentwicklung von Überschalljets zu modellieren. Dabei geht es darum, den Geräuschpegel von Flugzeugmotoren zu reduzieren sowie neue Triebwerkdesigns zu entwickeln, die grundsätzlich leiser sind. Simulationen sind hier eine gute Methode, um vorab Gestaltjungsideen durchzuprobieren – doch sind sie mathematisch enorm komplex. Und genau hier half die siebenstellige Anzahl an Prozessorkernen.

"Die sich im Triebwerk ausbreitenden Wellen können nur mit Hilfe einer sorgsam orchestrierten Balance zwischen Algorithmen, Speichernutzung und Prozessorkommunikation simuliert werden", sagt Andrew Myers von Stanford Engineering. Dazu wurde das komplexe Problem durch Nichols und seine Kollegen zunächst in verschiedene Teilprobleme zerlegt, um sie dann auf die Infrastruktur zu verteilen. Das Team am LLNL sei sich anfangs gar nicht sicher gewesen, ob der Supercomputer mit einem solchen "Vollsystem-Scaling" überhaupt umgehen kann. Doch genau das funktionierte.

Der Sequoia hat eine ganz spezielle Architektur: Seine Kerne sind anders vernetzt als traditionelle Systeme. Jeder Prozessor ist direkt mit zehn anderen Kernen verbunden und kann sich mit geringerer Latenz auch direkt mit weiter entfernt liegenden Prozessoreinheiten verbinden. Zusätzlich haben einige der Kerne noch eine elfte Anbindung zur zentralen I/O-Einheit des Systems. Diese Spezialchips sammeln die Daten der anderen Prozessoren und schreiben das Ergebnis dann auf Datenträger.

Zwar können Open-Source-Plattformen wie Hadoop helfen, verteilte Rechenanwendungen auch auf einfachere Hardware zu bringen – doch auch auf längere Sicht kommen Forscher mit sehr komplexen Problemen wohl nicht um Spezialsysteme wie Sequoia herum, sagen Experten.

Der Supercomputer lag einige Zeit an der Spitze der weltweiten Charts, wurde aber kürzlich überholt – von Titan, einer Cray XK7. Geschwindigkeit und Anzahl der Prozessorkerne sind zwar wichtig, aber eben nicht alles: Es kommt auch auf die Effizienz der Systeme an. Sequoia ist hier bereits gut dabei: Das System landete kürzlich auf Rang 29 in der "Green500"-Liste energiesparender Supercomputer. (bsc)