OSZE diskutiert über Privatisierung von Zensur und Überwachung

Auf der Konferenz "Internet 2013" der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa haben Regierungsvertreter und Bürgerrechtler davor gewarnt, dass Copyrights einer privaten Zensur Vorschub leisten.

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Von
  • Monika Ermert

Die Durchsetzung von Copyrights leistet immer mehr einer privatisierten Zensur Vorschub. Das sagte ein Vertreter des polnischen Ministeriums für Verwaltung und Digitalisierung auf der Konferenz "Internet 2013" der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Donnerstag in Wien. Sein Ministerium bereite ein Gesetz vor, das jenen, deren Seiten gesperrt werden sollen, solide Widerspruchsmöglichkeiten sichere. Dem Trend, dass Internetprovider bei Mitteilungen über angeblich illegale Inhalte automatisch den Stecker ziehen, müsse ein Riegel vorgeschoben werden.

Die Privatisierung von Zensurmaßnahmen, wie sie etwa auch das "berüchtigte ACTA-Abkommen" befördert habe, bezeichnete der polnische Vertreter als eine "Gefahr", die dringend angegangen werden müsse. Er könne sich Bürgerrechtsorganisationen in dieser Sorge nur anschließen.

Polens Vorstoß sei ein Schritt bei der Umsetzung der europäischen E-Commerce-Richtlinie. Leider fehlten darin nach wie vor klare Bestimmungen für die Widerspruchsrechte für die jene, die von einem Take Down betroffen sind, kritisierte Yaman Akdeniz, Juraprofessor an der Bilgi Universität in Istanbul. Widerspruch kam von einem Vertreter des türkischen Telecomregulierers, dessen Googlesperre kürzlich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte als rechtswidrig bezeichnet wurde. Die großen Plattformprovider müssten "auf die Sorgen der Regierungen eingehen", forderte der Behördenvertreter.

Vor der Privatisierung von Zensur – die oft als Königsweg angepriesene Selbstregulierung – warnte auch Joe McNamee, Chefkoordinator der europäischen Bürgerrechtsorganisation EDRI. Unternehmen seien zu schnell bereit, alles zu tun, "um sich staatliche Kontrolle vom Leib zu halten".

Das Blocken und Filtern von Internetseiten durch den Staat ist nach Ansicht der auf der Konferenz anwesenden Experten für viele Regierungen nicht mehr das Mittel der Wahl. Neben dem Outsourcing der Rechtsdurchsetzung an Provider nutzen insbesondere autoritäre Regime häufig eine Kombination von Manipulation der öffentlichen Meinung durch bezahlte Claqueure und durch westliche Spionagesoftware unterstützte Überwachung ihrer Kritiker, beschrieb Robert Guerra vom kanadischen Citizen Lab. Er nannte als Beispiel unter anderem den Versand einer kritischen Tibet-Erklärung des Europaparlaments, die nebenbei einem Server in Hongkong eine Hintertür zum Rechner der ahnungslosen Empfänger öffnete.

Zum Auftakt der Konferenz legte die OSZE vier Publikationen vor. Zwei Bücher versammeln die Erklärungen der OSZE und anderer internationaler Organisationen zur Medienfreiheit. Zwei weitere Publikationen bieten einen Überblick zu Selbstregulierungsansätzen und zur Bedeutung sozialer Netze für die Medien. (anw)